Unser Jahr 2021… 

… begann leider durch Corona erst mal wieder Homeschooling und damit, dass sich unser Wirbelwind erst mal wieder nach den Ferien damit arrangieren musste, was ihm aber sehr schnell sehr gut gelang.

Die Autismustherapie, die wir durch zunehmend fehlendes Vertrauen und diverse Meinungsverschiedenheiten, beendet hatten, wurde von uns trotz der schwierigen Situation aber auch nicht mehr benötigt.

Wir hatten durch das Homeschooling und später auch den Wechselunterricht aber auch viel schöne Familienzeit und konnten an vielen tollen Fortschritten unseres Schatzes teilhaben. ♥

Bei endokrinologischer Untersuchung und der Beratung durch eine Ernährungsberaterin wegen unserer Sorge durch das Übergewicht unseres Schatzes, wurde uns mitgeteilt, dass wir auf einem guten Weg seien, wir so weiter machen sollten, wir müssen nur noch der Kinderärztin verständlich machen nicht immer wieder auf sein Gewicht anzusprechen.

Die Frühlingsferien nutzen wir für einige schöne Ausflüge…

Von Mitte März bis Mitte Juni entspannte sich dann durch Wechselunterricht auch die Lernsituation mit unserem Wirbelwind deutlich, besonders, als er dann ab Mitte Juni wieder im Präsenzunterricht lernen durfte und das nicht mehr zu Hause mit Mama tun musste. Er hat das Homeschooling dennoch sehr gut gemeistert und wir wären im Fall der Fälle gut vorbereitet, hoffen jedoch, dass es nicht mehr dazu kommen wird!

Am 06.05.2021 bekam ich dann eine Diagnose, die uns erst mal sehr erschreckte und zur Sorge veranlasste, die ich aber mittlerweile ziemlich gelassen hinnehmen kann, auch dank meines Arztes. Ich habe nämlich eine PPBL, die potenziell mit geringem Risiko mal irgendwann zu einer Krebserkrankung führen könnte…

Zudem erhielt ich meine erste Coronaschutzimpfung – ein kleines bisschen mehr Sicherheit.

© Agnes Avagyan

Entsprechend feierten wir auch unsere Geburtstage nur im kleinsten Familienkreis, den unseres Sonnenscheins am Tag erst mal wieder mit einem kleinen Ausflug (in den Sauerlandpark Hemer).

Durch Dinge, auf die ich hier nicht weiter eingehen möchte (weil zu persönlich), kam es dann leider zu einem Kontaktabbruch zu – besonders für unseren Wildfang – sehr wichtigen Bezugspersonen, der ihn immer noch sehr beschäftigt und verunsichert, wodurch 2021 für uns auch zu einem Jahr der Unsicherheit bei ihm wurde. 😦

Zwischenzeitlich gab es aber auch zu einer Person, zu der kein Kontakt besteht, eine Aussprache, durch die unser Süßer nun wesentlich besser damit umgehen kann.

Mein Mann bekam dann im Juni seine erste Coronaschutzimpfung, ich meine zweite, aber wir machten uns ab Juni bis in den November auch große Sorgen um einen geliebten Menschen, der sehr lange im Krankenhaus war, weil er schwierige OPs hatte…

Im Sommer machten wir erst mal einige Ausflüge.

Im Juli entschieden wir uns, trotz der Pandemie, dazu einen – für uns sehr wichtigen Urlaub in Belgien zu machen, der uns wieder etwas mehr Kraft schenkte.

Mein Mann wurde zuvor ein zweites Mal geimpft und im August durfte sich dann auch unser Wirbelwind gegen das Coronavirus impfen lassen. Er durfte nun auch wieder regelmäßig reiten, was ihm sichtlich gut tut.

Unser Süßer erhielt dann noch die – für ihn – sehr gute Nachricht zukünftig nur noch bei Bedarf, nicht mehr zweimal jährlich sein Blut untersuchen lassen zu müssen (wegen einer Blutgerinnungsstörung). 🙂 Im September hatte unser Schatz dann seine zweite Impfung.

Die Herbstferien haben wir dann auch wieder für ein paar Ausflüge genutzt.

Mit den Menschen, zu denen es in diesem Jahr zum Kontaktabbruch kam, wird es allerdings leider erst im Januar zu einer Aussprache kommen, wie uns 16.11.2021 mitgeteilt wurde, es gab nicht mal einen Kontakt zu Weihnachten…

Am 12.12.2021 durften wir strahlende Kinderaugen sehen, die durch die Aktion Lichtblicke der örtlichen Bauer ausgelöst waren. Ich bin dankbar für diese Aktion.

Am 20.12.2021 durfte ich mich dann boostern lassen, wodurch ich noch besser geschützt bin und im Januar darf dann auch mein Mann.

Weihnachten haben wir dann sehr schön, mit einer neuen Tradition, nämlich einem Zoobesuch, strahlenden Augen, herzhaftem Lachen und viel schöner, intensiver Familienzeit verbringen dürfen. ♥

Und heute werden wir dann (nach etwas Schlaf) ein ruhiges, aber schönes Silvester mit Traditionen wie einem Spaziergag oder dem Lesen unserer Zettel im Erinnerungsglas (alle schönen Momente des Jahres) verbringen.

Es war ein Jahr voller Hochs und Tiefs, ein kraftraubendes Jahr, dass uns aber auch sehr nah hat sein lassen, ein Jahr, dass uns vielleicht auch dankbarer hat werden lassen. Dankbar für einander, für jedes echte Lachen, jede Vertrautheit.

Und trotz all der Widrigkeiten war 2021 auch ein gutes Jahr.

Warum?

Wir waren immer satt, hatten nie Durst, hatten immer ein Dach über dem Kopf, waren selten krank, hatten Menschen, denen wir wichtig sind und die uns wichtig sind, hatten einander, mussten nie frieren oder schlimme Ängste ausstehen, sind am Leben!  

© S. Stolzenberg

Ferienzeit ist Urlaubszeit – ein Urlaub, der sooo wichtig war!

Nach über einem Jahr mit Corona und all den damit verbundenen Einschränkungen, kamen wir zwar soweit mit den Maßnahmen zurecht, hatten uns auch einigermaßen mit Homeschooling und Wechselunterricht „angefreundet“ , aber schwierig war es natürlich dennoch sehr, da wir Familie und Freunde kaum sehen konnten, weil Kontakte reduziert bleiben sollten. Abstand und Maske waren Dauerthema und auch der Besuch beim Brieffreund unseres Sonnenscheins war seit Corona leider nicht mehr möglich.

Durch die Reduzierung der sozialen Kontakte, kam es aber dazu, dass unser Süßer immer häufiger darüber nachdenken musste, dass in den letzten Jahren fast alle Verwandten (aus unterschiedlichsten Gründen) den Kontakt zu uns abgebrochen hatten, zuletzt dann auch sehr wichtige Bezugspersonen von ihm (wobei ich darauf hier aus guten Gründen nicht weiter eingehen werde…). Durch fehlende Freunde, was sicher auch damit zusammen hängt, dass er Autist ist (vergleiche dazu den Beitrag von Rundumgedanken auf Facebook), die Kontaktabbrüche in der Familie, die Reduzierung sozialer Kontakte und die fehlende Möglichkeit sich in Jugendgruppen mit andern Kindern zu treffen, wurde unser Schatz zunehmend trauriger, war enttäuscht (vor allem von seiner Verwandtschaft), fühlte sich verraten und war vor allem wütend. Das zeigte sich auch zunehmend in der Schule und ein Gespräch unter uns Eltern war, wenn Junior nicht schon schlief oder im Spiel war, kaum noch möglich, weil er sich dann „ausgeschlossen“, teils auch einsam fühlte 😥 . Natürlich stellten wir als Eltern auch fest, dass wir Hilfe benötigten und kümmerten uns um ein Erstgespräch bei einem Therapeuten (das in Kürze stattfinden wird), aber wir hofften natürlich auch, dass er vielleicht durch viele positive Erfahrungen wieder etwas mehr Selbstvertrauen aufbauen könnte, da er zunehmend auch äußerte, dass niemand von seiner Behinderung erfahren sollte, es ihm unangenehm sei (er schien sich regelrecht dafür zu schämen), er vielleicht wieder fröhlicher werden würde.

Eine Aussprache, die er mit jemandem aus der Verwandtschaft führen konnte, stärkte ihn schon etwas, weil ihm versichert wurde, dass der Kotaktabbruch nicht an ihm lag, die Gründe zusammen besprochen wurden, aber dennoch blieb der Kontaktabbruch durch die anderen Verwandten – insbesondere denen, die zuletzt den Kontakt abgebrochen hatten – ein Dauerthema. Es belastete unseren Schatz so sehr, dass er kaum noch zur Ruhe kam, unruhig schlief, dauernd wach wurde, immer wieder Alpträume hatte :‘( .

Lange Zeit waren wir trotz dessen, unter anderem wegen der Reglungen in den Ländern, den hohen Inzidenzen und den im Urlaub weiter geltenden Einschränkungen wie dem Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes unsicher, ob wir in diesem Jahr in Urlaub fahren würden, mussten auch schauen, ob es finanziell machbar sein würde, waren aber auch sehr urlaubsreif – besonders auch durch die psychische Belastung der letzten Monate.

Mitte Juli war die Entscheidung dann gefallen, dass wir in Urlaub fahren wollten und so verglichen wir die verschiedenen Möglichkeiten und Unterbringungen und fanden ein Fischerhaus im Park Zeegalm in Middelkerke, Belgien, in dem wir für knapp acht Tage wohnen wollten. Wir fragten beim Vermieter an und bekamen recht zügig eine Buchungsbestätigung und ich schrieb eine Packliste…

Am vorletzten Julitag konnten wir dann unsere Taschen packen, da es am 31.07.2021 los gehen sollte…

Nach einem sehr leckeren Frühstück in einem Bistro im Ort, machten wir uns also am 31.07 auf den Weg nach Belgien, diesmal allerdings nicht über die Niederlande, sondern direkt aus Deutschland, wodurch wir auch eine längere Fahrzeit hatten. Am frühen Abend kamen wir im Haus an, wo uns allerdings leider auch ein sehr unangenehmer Geruch begrüßte, der in der Toilette und im Bad leider auch nach Lüften weiterhin bestehen blieb ☹. Nach einem Einkauf und dem auspacken der Taschen, gingen wir dann zum Strand, wo Junior wieder strahlte, wieder glücklich war ♥.

Wir gingen dann an der Promenade entlang, weil wir Hunger hatten, waren allerdings über eine Stunde unterwegs, da viele Restaurants nicht mehr existierten, geschlossen hatten oder im Begriff waren zu schließen. Wir stellten aber auch fest, dass uns die Promenade in Middelkerke nicht gefiel.

Am unseren ersten Tag, an dem wir nichts zu tun hatten und mit dem Vorhaben jeden Tag spontan zu entscheiden was wir unternehmen würden (für mich Neuland, da ich bisher immer vorab geplant hatte), machten wir uns auf den Weg zum Strand von Middelkerke, wo wir schnell feststellten, dass uns dieser wegen der Wellenbrecher nur ein bisschen gefiel….

Wir machten also daraus einen Strandspaziergang bis nach Westende, wo uns die Promenade auch nicht so gut gefiel, es leider auch länger dauerte, bis wir etwas essen konnten :/

Zurück ging es dann durch die Dünen…

Zum Beginn der neuen Woche wollten wir uns dann mal die Innenstadt von Middelkerke ansehen, auch in der Hoffnung, dass und zumindest diese gefallen würde, was aber leider nicht der Fall war.

Zumindest hatten wir die Möglichkeit sehr schöne Souvenirs zu kaufen und mit dem Trinkgeld noch etwas Gutes zu tun, da die Inhaberin des Geschäftes dieses Geld für Kinder in einem Heim sammelte. Nun mussten wir uns erst mal darum kümmern, dass unser Süßer Ende der Woche einen Coronatest machen könnte, der natürlich sichtlich „begeistert“ war, aber es musste nun mal leider sein, weil er als einziger noch nicht durchgeimpft ist… Abends fuhren wir dafür dann zu unserem Lieblingslokal in Oostende, nachdem wir zuvor in einem Park spazieren waren, (Lido Sole – sehr zu empfehlen!!!) und genossen schöne Zeit am Strand.

Da es am Dienstag erst mal nach Regen aussah, wollten wir dann mal einen Ausflug unternehmen, aber nicht wieder zu einem der Ausflugziele, die wir in den letzten Urlauben schon so oft gemacht hatten, sondern mal zu einem Ziel, dass wir noch nicht kannten und wo es vielleicht auch etwas Kultur geben sollte. Wir entschieden uns für die Burg Beauvoorde, die dem Besucher die Lebensart im Jahr 1875 näher bringen soll.

Als es dann doch wieder aufklarte und schön sonnig wurde, fuhren wir nach De Panne (einem der schönsten Strände der belgischen Küste), wo wir das gute Wetter für viele schöne und lustige Fotos ausnutzen.

Wieder zurück im Haus hatten wir dann Besuch von einem Grashüpfer, der sich nach innen verirrt hatte.

Mittwoch wollten wir dem Strand von Middelkerke eine Chance geben, mussten aber leider feststellen, dass uns der sehr kleine, mögliche Schwimmbereich im Zuge von Corona und Abstandsregelung als zu klein erschien, plantschten also nur etwas im vorderen Wasser… Außerdem buddelten wir uns gegenseitig ein und machten Sandengel :-D.

Abends konnten wir uns einen wunderschönen Sonnenuntergang am Strand von Oostende (der auch sehr schön ist) genießen und ihn für sehr schöne Fotos ausnutzen.

Am Donnerstag wollten wir dann auch mal schwimmen gehen und fuhren dafür zum Strand von De Hann (einer der Lieblingsorte der deutschen Urlauber in Belgien), wo wir uns leider auf dem Weg zum Strand auch sehr geärgert haben, weil nicht „nur“ fast niemand den Abstand einhielt, sondern auch fast keiner eine Maske trug. Übertragungen von Krankheitserregern würden hier ein leichtes sein und so mussten wir immer wieder schauen, wie wir uns einigermaßen sicher fortbewegen konnten, ohne dauernd auf der Straße gehen zu müssen ☹.

Am Strand klappte es mit dem Abstand aber wieder und unser Wirbelwind traute sich mit ein bisschen Mut machen von mir auch zum ersten Mal im Meer zu schwimmen und sogar zu tauchen 😊. Er hatte einen riesen großen Spaß und wollte gar nicht mehr aus dem Wasser raus ♥

Leider konnten wie ihn nicht mehr so lange schwimmen lassen, weil er seinen Termin zum Coronatest hatte…

An unserem vorletzten Tag im Urlaub mussten erst mal die Taschen gepackt werden und dann nutzen wir das Wetter erneut dazu an den Strand zu gehen. Diesmal der in De Panne, weil wir eigentlich die Hoffnung hatten, dass unser Süßer vielleicht im Funhaus spielen könnte, aber das klappte leider nicht, da es keinen Mindestabstand gab (wieso macht man sich darüber keine Gedanken???). Es gab stattdessen Eis und wir machten einen kleinen Strandspaziergang, bei dem wir auch einige Windsurfer sahen und diverse Strandfunde (wie einen kleinen Krebs) machten. Unser Sonnenschein war trotzdem glücklich.

Nun war unser letzter Tag angebrochen und wir mussten erst mal die Taschen fertig packen und das Haus säubern, dass weiterhin in der Toilette (durchgehend) „roch“ und im Badezimmer, wenn da Wasser im Handwaschbecken genutzt wurde, stank (zum Glück gab es ein weiteres Waschbecken im unteren Schlafzimmer…). Wir hinterließen das Haus sauberer, als wir es vorgefunden hatten… Damit Junior, der den Strand von Middelkerke „doof“ fand, sich noch vom Meer verabschieden könnte, fuhren wir nochmal nach Oostende, wo er sehr traurig war, als wir uns auf den Nachhauseweg machen mussten, aber er freute sich auch auf zu Hause, wie auch mein Mann und ich.

Und dann waen wir fast schon wieder zu Hause….

Im Urlaub war unser süßer Wirbelwind unbeschwert, glücklich, ausgelassen, fröhlich und konnte mal von all den Dingen, die ihn vorab so belastet hatten, abschalten. Wir konnten alle nicht „nur“ Sonne, sondern auch Kraft tanken, eine sehr schöne und intensive Familienzeit genießen und können uns somit jetzt wieder besser auf den teils sehr stressigen Alltag einlassen, werden aber weiterhin versuchen unser Schatz zu stärken und erst mal diese Woche auch das Beratungsgespräch für ihn zwecks einer Therapie nutzen. Wir hoffen, dass die Eindrücke aus dem Urlaub noch nachwirken werden und er auch dadurch gestärkt sein wird, dass er zukünftig öfter mal mit der Lebenshilfe Ausflüge unternehmen kann (und somit auch wieder mehr Kontakte zu anderen Kindern bekommt), er auch bald reiten kann…

Wir vermissen allerdings jetzt schon wieder den Strand, die Wellen, die Meerluft, aber dadurch, dass man dies so schnell vermisst, bleibt es etwas Besonderes!

© S. Stolzenberg

Published in: on 10. August 2021 at 01:24  Kommentar verfassen  

„Coronaferien“ Woche 1 – ein Rückblick

Am 13.03.2020 erfuhren wir, dass ab dem 16.03.2020 eine bundeslandweite Schulschließung beginnen würde, wir also Homeschooling machen müssten, die Schulen sollten zwar Montag und Dienstag für eine Notfallbetreuung geöffnet bleiben, aber wir entschieden, diese nicht wahrzunehmen, weil das bei unserem Junior zu noch mehr Unverständnis geführt hätte.

Ich befürworte die Maßnahmen, die entschieden wurden, habe zwischenzeitlich trotz der Hoffnung, dass es keine Ausgangssperre geben werde, zeitweise gewünscht, dass diese entscheiden wird. Mein Mann war zuletzt noch bis Anfang Februar im Krankenhaus, hatte bis Ende Februar Antibiose, wodurch sein Immunsystem sich erst mal wieder regenerieren musste, wobei seine Erkrankung noch nicht völlig abgeheilt ist und ich habe ein geschwächtes Immunsystem. Unser Sohn ist Autist, benötigt somit Vorhersehbarkeit, Routine, Sicherheit, Regelmäßigkeit. Würde somit einer von uns an Covid19 erkranken, wäre das eine massive zusätzliche Belastung für den Partner, aber insbesondere für unseren Schatz. Ich finde also – ebenso wie mein Mann – Schulschließungen, das Reduzieren sozialer Kontakte, Homeoffice, wo es umsetzbar ist, Abstandsregelungen in öffentlichen Bereichen und die Einschränkungen um gesellschaftlichen Leben wichtig und richtig.

Wir erklärten unserem Süßen, dass er ab Montag von Mama Schulaufgaben bekommen würde, er auch erst mal seine Omas und seinen Opa nicht besuchen dürfe. Er nahm es erst mal – scheinbar ohne Gefühlsregung – hin, musste diese Information sicher – wie auch Mama – erst mal „verdauen“…

Über das Wochenende schien die Information der Schulschließung für unseren Junior ausgeblendet zu sein und Mama nutze die Abende schon mal auf der Onlinesuche nach weiterem Schulmaterial (in der Vorahnung „erst im Laufe der kommenden Woche welches aus der Schule zu erhalten), hatte aber bereits Material zu Hause, was sich Junior in Form von Vorschulheften mal gewünscht hatte, was für ihn vom Leistungsstand passend ist, weil er auf eine Förderschule geht.

Das Wochenende endete mit vielen Fragen, von denen kaum welche zu beantworten gewesen wären und der Überlegung einer Tagesplanung für die kommende Woche.

Ich wollte mit Junior den sowieso geplanten Frühjahrsputz angehen, ihm täglich Aufgaben für ca. 1,5 Stunden geben, mit ihm malen, basteln, Sportübungen für zu Hause umsetzten, ein Ich-Buch (mit Informationen über ihn und seine aktuelle Lebenssituation) beginnen, spielen, aber auch mal an die frische Luft gehen….

Die erste Woche der „Coronaferien“ begann mit der Sorge um meinen Mann, der nach längerer Krankschreibung in Eingliederung wieder zu arbeiten begann, mit der Sorge um meine Oma, die in einer Altenstube hilft und zur Risikogruppe gehört und mit der Sorge um unsere Eltern, die ebenfalls zur Risikogruppe gehören. Ich versuchte nicht zu sehr darüber nachzudenken, immerhin hatte ich für unseren Schatz (viel zu )viel überlegt. Da ich in der Nacht kaum zum schlafen gekommen war, weil ich zu viele unbeantwortete Fragen hatte, versuchte ich nach dem Frühstück erst mal ein paar davon zu klären, erfuhr dadurch unter anderem, dass ich Mitte der Woche Arbeitsmaterial für unseren Sonnenschein erhalten würde, ein Kontrolltermin für ihn erst mal auf unbestimmte Zeit abgesagt ist, konnte durch Informationen im Internet weitere Fragen klären und stellte schnell fest, dass ich gar nicht so viel mit Junior umsetzten könnte, wie ich mir vorgenommen hatte, wodurch wir zusammen neu überlegten und entscheiden erst mal in dieser Woche den Frühjahrsputz zu erledigen, ca. 1 Stunde am Tag Aufgaben zu erledigen, dafür aber auch 15 – 30 Minuten am Samstag, kleine Bewegungsspiele in den Frühjahrsputz zu integrieren, erst am Wochenende raus zu gehen (in der Hoffnung, dass dies auch möglich sei), nicht zu basteln. Unser Junior war wütend wegen des „scheiß Virus“ und die daraus resultierenden Einschränkungen, mein Mann und ich waren noch besonnen.

Dienstag begannen Junior und ich dann mit dem Frühjahrsputz und danach half mein Mann unserem Schatz bei seinen Aufgaben, da Junior immer an die korrekte Stifthaltung erinnert werden muss, während ich weitere Aufgaben des Haushalts erledigte. Für die aktuelle Ausnahmesituation war es fast ein „normaler“ Tag.

Der Mittwoch war vor alle durch Wut, Ärger und Sorge geprägt, denn mein Mann war für jemanden aus der Familie einkaufen, während Junior nicht verstand warum sein Papa so lange unterwegs war, sich nicht auf mehr als seine Schulaufgaben einlassen konnte, wir also anderweitige Beschäftigungsideen suchen mussten und fanden. Als mein Mann wieder nach Hause kam, berichtete er über leider immer noch herrschende Hamsterkäufe, vor allem Toilettenpapier war kaum noch zu bekommen. Es fehlte uns allen ein wenig die Sicherheit, die wir sonst spüren…. Der Folgetag verlief dafür wieder ruhiger, war von (neuer) Routine geprägt.

Auch Freitag war mein Mann nach der Arbeit wieder für ein Familienmitglied, aber auch für uns einkaufen, bekam nicht mal alles, und ich versuchte unseren Wirbelwind durch die neue Routine zu stärken, versuchte ihm Sicherheit zu vermitteln, wobei er aber von seinen Gefühlen, seiner Verunsicherung übermahnt wurde, bitterlich zu weinen begann, weil jetzt alles anders ist, es ihm zu viel war 😥 . Er benötigte erst mal viel Kuscheleinheiten von Mama und durfte dann mit Seifenblasen auf dem Balkon spielen, fing sich wieder etwas. Beim abendlichen gemeinsamen „Spiel des Lebens“ konnte er auch wieder albern und lachen ♥.

Nachdem wir dann Samstag ein letztes Mal richtig fleißig waren, ließen wir die Woche mit einem Ausflug an der frischen Luft (natürlich mit ausreichend Abstand zu anderen Menschen, der nötigen Einhaltung von Hygienevorschriften) ausklingen….

Wie erging es uns in der Woche?

Für meinen Mann begann die Woche mit vielen Fragen, aber auch mit der Freude wieder arbeiten zu können, mit Sorge um Angehörige und sicherlich auch dem Gedanken wie Junior und ich den neuen Alltag meistern würden. Durch die erlebten Hamsterkäufe, die in den Nachrichten gesehen ignoranten Menschen, die aktuelle Gefahrenlage nicht ernst nahmen, zunehmen Fallzahlen und Sterbedaten und die mögliche Ausgangssperre, wurde er unruhiger, nervöser, besorgter, konnte nichtmehr „abschalten“, machte sich (zu viele?) Sorgen, bekam Angst, informierte sich aber dennoch jeden Abend sehr ausführlich. Damit er nun mal zur Ruhe kommen kann, habe wir besprochen, dass ich ihn über die wichtigsten Entwicklungen, die uns betreffen, informiere, er sich zu Hause mit anderen Dingen beschäftigt, damit er gedanklich zur Ruhe kommen kann.

Unser Sonnenschein war zu Beginn der Woche vor allem wütend. Wütend weil er nicht zur Schule durfte, weil er nicht wusste wann er mit seinem Opa, der Geburtstag, feiern könnte, wütend auf das „scheiß Virus“, wütend über die Veränderungen. Im Laufe der Woche kamen dann zunehmend auch Sorge um seine Omas und seinen Opa, aber vor allem auch seinen Papa dazu, Verunsicherung unter anderem wegen der Hamsterkäufe, aber er schien alle seine Gefühle auch etwas zurück zu halten, wollte vermutlich Papa und Mama nicht weiter belasten (er ist sehr emphatisch), wollte stark für uns sein und das alles brach dann am Freitag aus ihm heraus, als bitterlich weinte, weil jetzt alles anders ist, sich so viel verändert hat und er damit nicht gut umgehen kann, er seine Familie und Freunde vermisst .Er konnte das aber auch mittels seines Ich-Buchs aufarbeiten. Über das Wochenende konnte er dann durch Routine und frische Luft wieder etwas zur Ruhe kommen. Wir haben auch darüber gesprochen, dass die nächste Woche (nach beendetem Frühjahrsputz) weniger stressig werden wird.

Ihn hat es verunsichert, weil seine gesamte Alltagsroutine, seine festen Regeln weggebrochen sind, er keine Schule mehr hat, die gewohnten Abläufe nonexistent sind. Er ist verunsichert, weil er – wegen der Hamsterkäufe – nicht mehr die Verlässlichkeit hat immer alle benötigten Lebensmittel zu Hause haben zu können, aber auch und das vor allem, weil wir ihm manche Fragen schlicht nicht beantworten können – etwa wann er wieder zur Schule gehen wird – dessen Antworten wir auch nicht kennen, wodurch es zu einer permanenten Unsicherheit kommt.

Und ich?

Ich habe mit einem „zu viel“ an Gefühlen in die Woche gestartet. Mit vielen (teils immer noch) offenen Fragen, mit vielen Ideen, mit guten Vorsätzen, die ich zum Teil schnell wieder verwerfen musste, mit Sorge, Wut, Verärgerung, aber auch der Vorfreude auf viel intensive Familienzeit, hatte dadurch auch erst mal einen Wochenstart mit Schlafmangel, wollte und konnte mich aber auch nicht erneut schlafen legen. Da ich den Alltag organisieren musste, es viel (zu viel) zu tun gab und ich der Anker für meinen Sohn und meinen Mann war, für die stark sein wollte, mich parallel aber auch informierte, hatte ich für diese ganzen Gefühle eigentlich gar keine Zeit. Ich konnte mich diesen nicht stellen, musste sie wegen anderer Dinge, die erledigt werden wollte, beiseiteschieben, erst abends konnte ich mich ein wenig damit auseinander setzen. Ich bin allerdings auch hyperaktiv und habe dadurch sowieso massive Ein- und Durchschlafprobleme, bin bedingt durch Vitamin-B12- und VitaminD3-Mangel auch eh schneller müde – besonders von Herbst bis in den beginnenden Frühling, schlafe aktuell aber noch schlechter ein und durch, weil ich abends im Bett all die Gefühle und Gedanken des Tages aufarbeite, bin aber auch länger online, um mich auszutauschen und musste somit die ganze Woche mit viel zu wenig Schlaf auskommen (in der Regel  waren es zwischen fünf und sechs Stunden). Im „normalen“ Alltag lege ich mich mittags nochmal ein wenig hin und schlafe, was mir aktuell nicht möglich ist, weil es keine „Ich-Zeit“ mehr gibt, da unser Sonnenschein nun mal zu Hause ist, ich nicht möchte, dass er mich vor allem schlafend erlebt. Er muss das zu oft wegen meiner Schlafproblematik erdulden, aber auch, wenn ich wieder mal eine Migräne-Attacke habe und von meinem Medikament müde werde.

Ich bin dankbar für die intensive Familienzeit, aber sie zehrt auch an meinen Kräften, da ich permanent Geräuschen ausgesetzt bin – es gibt (außer spät abends, wenn mein Mann und mein Sohn schlafen) keine Zeit, in der es ruhig ist in der Wohnung, was mir als Migränepatientin zeitweise sehr zusetzt, ich möchte stark für meine Familie sein und nehme mich dann zurück (zu sehr sicherlich), mir fehlt meine Routine, die mir Sicherheit gibt. Ich bin aber auch stolz auf meinen Mann, der trotz all seiner Gefühle versucht mich zu unterstützen wo es nur geht, auch an andere denkt (was leider keine Selbstverständlichkeit darstellt), genieße es wenn er lacht und mit Junior und mit Blödsinn macht. Ebenso bin ich stolz auf unseren Sohn, der trotz all seiner Gefühle stark für uns sein möchte,  der seine Auszeiten einfordert, viele Fortschritte macht und immer noch ansteckend lebensfroh ist – auch aktuell.

Ich bin besorgt und verunsichert, dass ich womöglich wegen meiner Ernährung Schwierigkeiten bekommen könnte. Die Hamsterkäufe beim Toilettenpapier haben mich nicht weiter besorgt, weil es dafür genug Alternativen gibt, aber übers Wochenende bekamen wir (beziehungsweise mein Mann, der einkaufen war) nicht mal mehr das Brot, dass ich sonst esse oder die Brötchen. Ich vertrage aber nicht jedes Brot und er mein Mann musste deswegen für mich Alternativen finden. Noch gibt es diese, aber wenn weiterhin so gehamstert wird (was wir auch bei Gemüse unter anderem erlebt habe), könnte das ein Problem darstellen.

Ich bin wütend, über all die Menschen, die sich nicht sozial verhalten haben, Regeln nicht eingehalten haben, die Situation ausgenutzt haben.

Heute habe ich dann zum ersten Mal den Eindruck gehabt wie surreal es ist auf genügend Abstand zu achten, stärker darauf zu achten nicht alles anzufassen, in einer teils eh schon kalten Gesellschaft Distanz zu wahren und es fühlte sich unwirklich und falsch an, vom Kopf her zwar richtig, aber dennoch gefühlt nicht und so muss ich auch dieses Gefühl erst mal „verdauen“.

Es war eine intensive, sehr emotionale Woche, die wir nicht so schnell vergessen werden.

Was gab es noch?

Wir haben festgestellt, dass sich aktuell die Natur erholt, der Himmel wieder klarer wird, Fische und Delfine gesichtet werden, wo wir es bisher nicht erlebt haben (etwa in italienischen Häfen), wobei sich die Frage stellt in weit das anhält, wenn die Pandemie  endet.

Es gibt ein Zitat, welches folgendermaßen lautet: „Den wahren Charakter eines Menschen erkennt man daran, wie er mit den Menschen umgeht, die er nicht braucht.“ Leider zeigte sich im Laufe der Woche der Charakter vieler Menschen in sehr negativem Ausmaß, dass zu viele Menschen ignorant waren und die Gefahrenlage nicht ernst nahmen, sich rücksichtslos verhielten, Regeln nicht eingehalten wurden, es zu Diebstählen kam und um Desinfektionsmittel gebeten wurde (unter Angabe diese zu benötigen), die dann teuer verkauft wurden.

Hoffen wir, dass Menschen mit einem solchen Charakter die große Ausnahme bleiben.

Es gab aber auch viel positives, viele Solidaritätsaktionen, wie etwa die Nachbarschaftshilfe NRW, die Coronahilfe, Spenden von Serien und Firmen für die Pflege, Dankesbekundungen für alle systemrelevanten Berufsgruppen und vieles mehr.

Nur die Not zeigt den wahren Charakter.

Hoffen wir dass der Charakter der meisten Menschen geprägt ist von Empathie und Menschlichkeit!

Wie geht es für uns weiter?

Für unseren Wirbelwind wird es einen ruhigeren Tagesablauf geben, bei dem er zweimal täglich Schulmaterial bearbeiten wird, mehr Freizeit hat und dadurch hoffentlich besser in der aktuellen Situation „ankommt“.

Meinen Mann werde ich – hoffe ich – emotional etwas entlasten können und er wird sich dennoch – wie ich auch – weiterhin (zu) viele Sorgen machen.

Ich werde versuchen mir „Ich-Zeit“ zu schaffen, wenn Junior mal für sich spielt, damit ich meine Gefühle besser verarbeiten kann, werde weiterhin besorgt sein, aber die Zeit auch genießen und hoffentlich etwas mehr zur Ruhe kommen.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen viel Kraft, Geduld und eine gute Alltagsplanung mit Ruhezeiten.

Passt auf euch auf und bleibt gesund.

© S. Stolzenberg

Lebenszeitkosten von Autisten? – ein Beitrag von butterblumenland

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert eine Studie der Universität Marburg und anderer deutscher Universitäten, die ermitteln soll, wie teuer ein Autist so über die Lebensspanne ist. Zum Einstieg werden gleich mal horrend hohe Zahlen aus den USA herangezogen. Angeblich kostet dort ein Autist 3,2 Millionen US-Dollar. Ich habe Fragen. Welche Ethikkommission winkt sowas […]

über Lebenszeitkosten von Autisten? — butterblumenland

Published in: on 21. Januar 2020 at 00:40  Kommentar verfassen  

Inklusion und ihre Grenzen

Bewegt hat mich zu diesem Beitrag ein Beitrag, den ich las und der mich zum nachdenken brachte, aber auch die Reaktionen, die er hervorbrachte.

Auf Grund des Beitrags, auf den ich hier aber nicht weiter eingehen werde, habe ich mir Gedanken gemacht in wie weit ich für unseren Sohn Inklusion fordern kann und wo deren Grenzen liegen.

Er benötigt aktuell noch etwas Hilfe, viel Anleitung, wird aber immer selbstständiger, möchte immer mehr alleine versuchen, rückversichert sich aber auch immer noch, dass seine Bezugspersonen – wir als Eltern, der familientlastenden Dienst, die Großeltern,.. da sind.

Er kennt die Regeln des Straßenverkehrs und beherzigt diese, bringt sich (noch?) nicht in Gefahrensituationen, hat auch vor potenziellen Gefahren (auf einen Baum zu klettern als Beispiel) Angst, eine gute Orientierung.

Ich möchte gerne, dass er zunehmend selbstständiger, selbstsicherer wird, sich mehr zutraut und auch mal versucht alleine raus zu gehen, motiviere ihn darin, dass er das, sobald er sich dazu bereit fühlt, gerne mal versuchen darf und soll.

Wie jedes andere Kind wird unser Wildfang allerdings sicher auch mal Blödsinn anstellen, Dinge ausprobieren, Grenzen testen und sich vielleicht auch auf die ein oder andere Mutprobe einlassen,  aber gerade im Hinblick darauf stelle ich mir ein paar Fragen.

Ich frage mich wo dann die Aufsichtspflicht noch greifen muss und wo diese ihre Grenzen hat – besonders, wenn er mal Grenzen testet, die sich vielleicht auf andere Menschen auswirken, etwa wenn er mal zündeln sollte und dadurch vielleicht Besitztümer anderer zerstört werden sollte (von schlimmerem mag ich gar nicht ausgehen, kann ich aber auch nicht, da unser Süßer zu emphatisch ist, als dass auch nur das kleinste Risiko bestünde, dass er andere Menschen in Gefahr bringen würde). Muss ich mich dann vielleicht rechtfertigen, dass ich ihm die Möglichkeit gegeben habe, obwohl er eine Behinderung hat oder darf ich für seine persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten, sein Recht auf Freiraum einstehen und diese trotz seiner Behinderung verteidigen? Muss ich vielleicht auch rechtlich etwas besonders beachten, weil er entwicklungsverzögert (und laut Diagnoseschreiben auch geistig behindert) ist? Wie findet man da den richtigen Mittelweg oder kann es diesen nicht geben? Kann ich nur eine überbehütende Helikoptermutter sein oder die Rabenmutter, die zu sehr interessiert oder kann ich einfach auch eine Mutter sein, die ihrem Kind Freiheiten einräumt, sich dennoch kümmert, sorgt und Regeln aufstellt, ihrem Kind aber die Möglichkeit gibt seine Grenzen zu erkennen und aus Fehlern zu lernen?

Ich frage mich wie viel Inklusion kann ich von meine Mitmenschen für unseren Wirbelwind fordern, wann ist es zu viel? Denn: er lernt zwar immer sicherer sich seine Grenzen einzugestehen, zu erkennen, wenn er zu vielen Reizen ausgesetzt ist und er eine Pause benötigt, aber das klappt mal besser, mal schlechter und wenn er überreizt oder übermüdet ist, passiert es auch schon mal , dass er albern wird, anderen Mitmenschen die Zunge heraus streckt, Schimpfworte benutzt. Was ist, wenn er das vielleicht auch wieder macht, wenn er mal alleine unterwegs ist? Darf ich dann Verständnis im Sinne des Inklusionsgedanken wünschen oder muss ich ihn dann wieder in seinem persönlichen Freiraum beschränken, bis er das nicht mehr tut und was ist, wenn er es nie gänzlich schafft das zu unterlassen, darf er sich dann nie im Sinne einer Selstständigkeitsförderung weiter entwickeln? Wo hat der Inklusionsgedanke bei der persönlichen Entfaltung eines Kindes sein Grenzen?

Ich frage mich auch wie ich darauf reagieren könnte, wenn unserem Sonnenschein von anderen Bezugspersonen mehr Freiheiten gegeben würden, als wir es für gut erachten würden, denn ein Kind braucht klare Grenzen was aber wenn Bezugspersonen ihm Dinge erlauben, die wir als Eltern nicht gutheißen, wo wir Grenzen ziehen würden? Bisher geschah das immer in Bezug auf Dinge, die keine potenzielle Gefährdung nach sich zogen, aber wäre wenn es mal dazu kommen würde? Ein Beispiel dazu aus meiner Kindheit: Der Vater eines anderen Mädchens in unserer Nachbarschaft war Dachdecker und hat seine Kinder häufiger mit auf Dächer genommen. Eines Tages, als meine Schwester und ich mit den Kindern spielten, nahm er aber auch uns (ohne vorab meine Mutter zu fragen) mit auf eins der Dächer in der Nachbarschaft, gab uns damit eine Freiheit, wo meine Eltern eine Grenze gezogen hätten. Natürlich muss es dann umgehend ein Gespräch geben (und das gab es auch), aber nehmen wir mal an der Nachbar hätte diese Grenze nicht für uns ziehen wollen, den Kontakt hätte man nicht gänzlich unterbinden können, weil wir nichtmehr ununterbrochen beaufsichtigt werden mussten. Man muss dann natürlich darauf vertrauen, dass die Kinder die gegeben Grenzen einhalten, aber wie kann ich reagieren wenn in einer solchen Situation das Kind die Grenze vergisst, sich also im Vertrauen auf diese Bezugsperson in eine Gefährdung begibt?

Man sagt „es benötigt ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen“ (afrikanisches Sprichwort) und das sehe ich ebenso, denn Eltern benötigen ein gutes Netzwerk, um das Kind großziehen zu können, um mal einen anderen Blickpunkt zu erhalten, manches vielleicht auch zu hinterfragen, aber auch für soziale Kontakte für das Kind, für neue Erfahrungen und für das Selbstwertgefühl des Kindes.  Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass es vielen Menschen schwer fällt fremde Kinder zu ermahnen, wenn sie eine Grenze überschritten haben. Wie kann ich dann aber darauf vertrauen, dass unserem Schatz nicht vielleicht sogar gegensätzliche Werte vermittelt werden? Wie kann ich ihm Grenzen vermitteln, die vielleicht bei anderen noch Freiheiten sind?

Ich frage mich auch in wie weit ich Kritik von außen überhaupt zulassen sollte, oder ob ich mir vielleicht zu viele Gedanken mache… und damit schließe ich diesen Beitrag ab.

 

Published in: on 11. Juli 2019 at 23:57  Comments (6)  

Das Kind da abholen wo es steht…

Zu diesem Blogbeitrag hat mich eine andere Bloggerin inspiriert, die den Blog „Ein Leben mit Autismus & einem halben Herzen“ betreibt und da aktuell wieder die Rubrik „Anders und doch (un)sichtbar“ ins Leben gerufen hat, um mehr wissen über die verschiedensten unsichtbaren Einschränkungen an die Hand geben zu können und das mittels Berichten von Betroffenen und Angehörigen. Eine schöne Idee, die mich aber auch zum nachdenken anregte.

Es ist traurig und kostet enorme Kraft sich immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert zu sehen, nicht ernst genommen zu werden und in Schubladen gesteckt zu werden, obwohl es so einfach wäre die Kinder da abzuholen, wo sie stehen, sich auf sie einzulassen.

Aber von vorn:

Bei uns fing dieser „Kampf gegen Windmühlen“ schon im Kleinkindalter unseres Wirbelwindes an, als uns immer gesagt wurde wir müssten stärker durchgreifen, wenn er mal wieder nicht ruhig beim Essen sitzen blieb, wie aufgescheucht durch die Wohnung rannte oder stundenlang damit beschäftigt war die Tür des Wohnzimmers auf und zu zumachen. Er konnte schlicht nicht anders, weil er noch nicht verstanden hatte warum er sitzen bleiben sollte, er konnte die Reize (Gerüche, Geräusche,..) nicht filtern und war damit überfordert diese beim Essen aushalten zu müssen, liebte es diese Routine der Türbewegung zu beobachten und das gab ihm Sicherheit. Die betreffenden Personen konnten (oder wollten) es aber nicht verstehen. Wir erklärten es immer wieder….  Mittlerweile wurde der Kompromiss gefunden, dass er beim Essen TV sehen darf und das wird von allen Bezugspersonen angenommen.

Unser Sonnenschein hatte dann eine Zeit lang eine Trennungsangst und Schlafstörungen entwickelt und auch da wurde uns zu mehr Konsequenz geraten, uns wurde auch das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ empfohlen und selbst der irrwitzige Rat die Kinderzimmertüre abzuschließen, damit er nicht einfach ungefragt wieder aufstehen und in Wohnzimmer kommen könnte, wurde uns erteilt. Wir verneinten das natürlich und entschieden uns dazu unserem Schatz die Zeit zu geben, die er benötigen würde, ihn in den Schlaf zu begleiten und schrittweise eine Loslösung (mal kurz raus gehen, dann etwas länger, die Türe auf lassen, dann ein Nachtlicht einführen, alles sehr kleinschrittig) zu gestalten. Wir saßen zwar anfangs teils bis zu 1,5 Stunden neben dem Bett, bis unser Süßer schlafen konnte, aber er ließ kurzzeitige Trennungen immer besser zu und nach knapp einem Jahr konnte er wieder alleine in seinem Zimmer schlafen. Wir waren für ihn da gewesen, hatten ihn ernst genommen und sind auf seine Bedürfnisse eingegangen, statt ihn dafür zu bestrafen.

Immer wieder wurden (und werden) von unserem Schatz Anpassungsleistungen gefordert, etwa ruhig sitzen zu bleiben, Unterhaltungen nicht zu stören, abzuwarten, obwohl das selbst vielen Regelkindern schwer fällt, aber unser Schatz ist nun mal kein Regelkind. Er ist Autist und benötigt in ruhigen Phasen Beschäftigung, weil er mit der „Ruhe“ nicht zurechtkommt. Er nimmt dann Dinge war (Wind, Atemgeräusche, das Summen von Leuchtröhren, das Geräusch fließenden Stroms,..), die in Beschäftigung besser gefiltert werden können. Denn dann kann er sich auf etwas anderes konzentrieren. Er kann auch nicht abwarten, bis er an der Reihe ist, es sei denn er darf Stichpunkte nennen, die ihm zu einem späteren Zeitpunkt helfen sich zu erinnern.  Er vergisst nämlich sonst, was er äußern möchte, weil er in der Zwischenzeit schon wieder mit anderen Reizen umgehen muss. Gleichzeitig gibt es Dinge die für ihn so wichtig erscheinen, ihn so sehr beschäftigen, dass diese nicht warten können und umgehend kommuniziert werden müssen. Genau deswegen hören wir aber auch immer mal wieder er sei frech, schlecht erzogen und man solle ihm doch mal mehr Grenzen setzen – Äußerungen aus einer Unwissenheit heraus getätigt.

Oft, insbesondere von Außenstehenden haben wir auch zu hören bekommen, dass er das doch schon können müssen, etwa seinen Namen zu schreiben, alleine auf den Spielplatz zu gehen, sich alleine die Zähne zu putzen und vieles mehr. Nein das kann er nicht, da er entwicklungsverzögert ist, länger die Sicherheit benötigen wird, dass Papa und Mama da sind und ihm die nötige „Rückendeckung“ geben werden, er Dinge zum Teil kognitiv, teils auch motorisch einfach noch nicht umsetzten kann.

Und dann kam die Einschulung. Wir hörten zum ersten Mal Äußerungen wie „jedes Kind ist individuell in seinen Stärken und Schwächen“ oder auch „Sie sind die Spezialasten für ihr Kind“. Sätze, mit denen man sich ernst genommen fühlt (und im Großen und Ganzen werden wir das auch), aber es auch da immer wieder Situationen, in denen wir wieder rechtfertigen, erklären, nach Hilfen bitten mussten. Unser Junior benötigt beispielweise Routine und Struktur und natürlich kann es ungewollt immer zu Veränderungen etwa durch Krankheitsausfälle kommen, aber auch planbare Veränderungen wurden zum Teil nicht oder sehr kurzfristig kommuniziert, Überforderungshandlungen, die dann unwillentlich geschehen und ähnlich wie bei einer Impulskontrollstörung zu werten sind, waren immer wieder Thema, Lösungsansätze gaben aber vor allem wir Eltern und Distanzlosigkeit wird immer wieder angesprochen. Tägliche Ablaufe werden im Tagesplan (sowohl schulisch als auch zu Hause)  visualisiert, um mehr Sicherheit zu geben, es gibt enge Strukturen und enge Begleitung (durch die Lehrkräfte) und planbare Veränderungen werden nun zeitnah kommuniziert, damit es nicht zu Überforderungen kommt, in einer Überforderung gibt es begleitete Auszeiten oder Stimmingshilfen (Stimming ist eine Form der Selbstregulierung) und bei stanzlosem Verhalten wird immer wieder geäußert, dass es unerwünscht ist, damit es bei unserem Wirbelwind „ankommt“.

Das alles hat aber leider auch sehr lange gedauert und wir wurden trotz der schönen Aussagen wie wir seien Spezialisten für unser Kind in einer Hinsicht leider lange nicht ernst genommen. Denn wir sagten seit dem zweiten Halbjahr des ersten Schuljahres, dass unser Wirbelwind wegen seiner Probleme in der sozialen Interkation einen I-Helfer benötigte, er hat noch immer keinen, aber es wird nun einer beantragt…

Dabei wäre es so einfach ein Kind (in dem Fall unseres) da abzuholen wo es steht:

In Bezug auf das ruhig sitzen bleiben beim Essen, hätte mal konkret nachgefragt werden können worin da die Schwierigkeit besteht und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden können.

Staat Anpassungsleistungen zu fordern, könnten Lösungen angeboten werden (etwa Notizen was er sagen möchte und dass er dann wartet), und einfach mal die eigene Handlung unterbrochen werden, wenn das Kind gerade Aufmerksamkeit benötigt. Im Alltag könnte nachgefragt werden warum sich das Kind so verhält, wie man helfen kann, welche Unterstützung es gibt, statt vor zu verurteilen. Und in der Schule sollte vielleicht etwas öfter auf Hinweise der Eltern gehört werden.

Positive Beispiel für ein abholen des Kindes wo es steht, möchte ich hier aber noch ein paar geben:

Als unser Junior beim Essen noch nicht ruhig sitzen bleiben konnte, immer wieder nur im vorbei laufen etwas aß, machte eine gute Freundin von mir, die ich immer mal wieder besuchte ein Spiel daraus. Unser Junior war ein kleiner LKW, der viel Ladung zu verteilen hatte und konnte so immer nur kurze Zwischenstopps machen, um wieder neue Ladung aufzuladen, wobei das Essen die Ladung war. Sie fragte immer, wenn er näher zum Tisch kam, ob der LKW wieder leer sei und neu gefüllt werden müsse und als der Teller leer war, rief sei „Feierabend“. Er fühlte sich damit ernst genommen, konnte sogar trotz dessen spielen und niemanden störte es. Als er gelernt hatte ruhig sitzen zu bleiben, war er dann selbst die Person, die den LKW befüllte.

In Bezug auf Anpassungsleistungen haben wir auch einige liebe Freunde, die diese gar nicht einfordern, sondern statt dessen dann alternative Beschäftigungen anbieten, etwa wenn eine Unterhaltung geführt wird, darf das Kind dann in der Zwischenzeit ein Buch ansehen oder bekommt etwas anderes zu spielen, was es gerne mag.

 

Bei Begegnungen mit Außenstehenden gab es aber auch einige sehr schöne Situationen. Mir wurde etwa mal gesagt, dass viele Autisten eine Vorbildfunktion für viele Nichtautisten sein sollten, weil sie eine enorm hohe Merkfähigkeit besitzen, ehrlich, loyal und direkt sind, einen Detailblick haben und nicht um der Kommunikation willen Smalltalk betreiben, sondern nur über relevante Dinge sprechen. Eine schöner Gedanke 🙂 .

 

Generell würde ich mir wünschen, dass einfach eher mal nachgefragt wird, man bereit ist sich auf das „anders sein“ einzulassen, denn wir alle haben unsere Stärken und Schwächen, die wir ebenfalls beherzigt wissen möchten, und dass man sich vielleicht, bevor man in welcher Form auch immer handelt, mal fragt wie ginge es mir in der Situation und welche Reaktion würde ich mir wünschen. Aufklärung würde ich mir zwar auch wünschen, aber diese erreicht leider in der Regel eh „nur“ selbst Betroffene und Angehörige, wäre aber vielleicht auch gar nicht nötig, würden wir alle einfach etwas offener mit unserem Gegenüber umgehen.

S.Stolzenberg

Wünsche zum Welt-Autismus-Tag

Heute ist mal wieder Welt-Autismus-Tag und ich lese in dem Zusammenhang immer mal wieder, dass es mehr Achtsamkeit, ein stärkeres Bewusstsein für Autisten geben sollte, wobei aber die Wünsche von Autisten oftmals gar nicht erfragt werden.

Ich wünsche mir für unseren Sohn, der viele seiner Wünsche (noch) nicht zum Ausdruck bringen kann, vor allem, dass er, sobald er all das was er sich wünscht äußern kann, gehört wird, dass man ihm zuhört, dass es eine Kommunikation mit ihm und nicht über ihn gibt.

Ich wünsche mir, dass nicht im Beisein unseres Sohnes über seine „Schwächen“, seine Probleme, seinen Hilfebedarf gesprochen werden muss, weil ich nicht möchte, dass er das Gefühl hat darauf reduziert zu werden und dennoch wünsche ich mir, dass er sich dazu äußern kann, wenn er das wünscht.

Wir hatten zum Beispiel vor kurzem einen Termin bei unserer Diagnostik Stelle, weil unser Wirbelwind aktuell immer öfter wegen seiner hohen Ablenkbarkeit, seiner Impulsivität und seiner Reizfilterschwäche Auszeiten benötigen würde, diese aber unbegleitet nicht annehmen möchte aus Angst etwas zu verpassen. Uns wurde mitgeteilt, dass er beim Gespräch mit anwesend sein wollte und wir bereiteten ihn darauf vor, dass dann vor allem über seine Schwierigkeiten in der Schule gesprochen werden würde. Er konnte zwar während des gesamten Gesprächs anwesend sein, fühlte sich aber sicherlich sehr unwohl dabei, weil nur seine „Schwächen“ in den Vordergrund gerückt wurden – gegen Ende des Gesprächs rutschte er auch immer wieder auf seinem Stuhl hin und her. Man versuchte ihn zwar einzubeziehen und ihm die Chance zu geben sich dazu zu äußern, aber die vorherigen Äußerungen waren ihm so unangenehm, dass er dazu nicht mehr in der Lage war. Besser hätte ich es in dem Zusammenhang gefunden, wenn er in einem separaten Raum hätte spielen können und erst zum Ende des Gesprächs dazu geholt worden wäre.

Ich wünsche mir, dass mir nicht immer wieder gesagt würde man wüsste welche Schwierigkeiten Autisten hätten, weil man bereits mit Autisten zu tun gehabt hätte oder weil man einen Autisten kennt, denn „kennst du einen Autisten, kennst du genau einen Autisten“. Autisten sind wie alle anderen Menschen auch individuell, haben alle ihre persönlichen Stärken und Schwächen und können nicht unter der Kategorie „der typische Autist“ eingeordnet werden. Erst mal ist jeder Autist ein Mensch, dann ein Mensch mit einer Diagnose, die bedeutet, dass er in bestimmten Bereichen des täglichen Lebens Schwierigkeiten hat und dann ist hat dieser Mensch seine Stärken und seine Schwächen. Ich wünsche mir, dass man meinen Sohn erst mal kennen lernt mit seinen Stärken und Schwächen und ihn nicht auf ein persönliches Bild des klassischen Autisten, das man durch Kontakte zu anderen Autisten, durch Medien oder Erzählungen aufgebaut hat, reduziert, sondern ihn, meinen Sohn, einen liebevollen, offenen, herzlichen Jungen kennen lernt und auf seine Bedürfnisse eingeht.

Ich wünsche mir, dass unser Sohn mit all seinen Eigenheiten, mit seinen Stärken und Schwächen, mit seinen Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion, aber auch seinem Gerechtigkeitssinn so akzeptiert wird, wie er ist, ihm nicht unterstellt wird frech oder unerzogen zu sein, bewusst zu provozieren oder zu stören, denn wenn er sich „auffällig“ verhält, dann tut er das nicht aus Böswilligkeit, sondern aus einer Überforderung heraus und das möchte er eigentlich gar nicht – es belastet ihn und dennoch wird er dafür angegriffen.

Ich wünsche mir, als das „Sprachrohr“ unseres Sonnenscheins ernst genommen zu werden, wenn ich für ihn Hilfen einfordere, die er (noch) nicht kommunizieren, formulieren kann und dass es nicht Jahre dauert, bis erkannt wird, dass dieser Hilfebedarf besteht. Wir haben zum Beispiel seit dem ersten Schuljahr immer wieder geäußert, dass unser Wilder einen Schulbegleiter benötigt, weil in der sozialen Interkation Probleme hat, Auszeiten schon zu Beginn der Schulzeit schlecht einfordern konnte, wurden aber mit dem Gedanken lange nicht ernst genommen, erst als unser Sonnenschein sich in einer Überforderung nicht anders zu helfen wusste, als Mobiliar der Schule zu zerstören wurde erkannt, dass dieser Hilfebedarf besteht, der jetzt in die Wege geleitet wird, doch bis dann auch ein Schulbegleiter bewilligt und gefunden sein wird, wird es noch dauern…

Ich wünsche mir mehr Freizeitmöglichkeiten mit anderen Kindern für unseren Sohn, unkompliziert nutzbare Jugendgruppen, Ferienfreizeiten und Sportangebote, aber bei uns gibt es in den Sommerferien nur in Jugendeinrichtungen für Regelkinder Ferienangebote. Das bedeutet für uns wir müssten genau schauen, ob er mit der Gruppenstärke zurechtkommt, eine 1:1 Betreuung umsetzbar wäre und müssten dann vorab sehr viel bürokratisches erledigen, damit die Betreuung auch finanziert würde (über die Eingliederungshilfe).

Ich wünsche mir für unseren Sonnenschein mehr Alltagshilfen, denn es wäre beispielsweise für Kindergärten und Schulen ein leichtes Strukturierungshilfen und Visualisierung in den Alltag zu integrieren, doch das ist leider (nach meiner Erfahrung) ausschließlich in heilpädagogischen Kindergärten und Förderschulen gegeben. Auch Alltagshilfen für erwachsene Autisten (so meine Erfahrung im Austausch) gibt es viel zu wenige.

Ich wünsche mir, dass unser Sohn, auch wenn er vielleicht später mal Hilfen benötigen sollte, die vom Sozialamt finanziert werden wie etwa eine persönliche Assistenz, nicht „nur“ einen Maximalbetrag von aktuell meines Wissen nach € 3200,- gespart haben darf, weil sein Geld sonst auf die erbrachte Leistung angerechnet wird.

Eigentlich kann ich all das aber in einem Wunsch zusammen fassen: Ich wünsche mir, dass unser Sohn da wo er steht „abgeholt wird“, man sich auf seine Persönlichkeit einlässt und mit ihm, statt über ihn spricht, ihn unterstützt, wo es nötig ist und er primär als Junge gesehen wird, nicht „nur“ als Autist.

©S. Stolzenberg

Published in: on 2. April 2019 at 11:21  Comments (1)  

Anders sein/nicht so akzeptiert werden wie man ist, weil man anders ist

Auch diesen Blog schreibe ich aus aktuellem Anlass, wobei ich auf den aktuellen Anlass weder eingehen werde, noch begründen werde, wenn es betrifft, aber dieser Grund hat mich veranlasst diesen Beitrag etwas früher, als ursprünglich geplant zu schreiben…

„Anders sein“ was konkret bedeutet das eigentlich? Gibt es dazu eine gesellschaftliche Richtlinie? Eine Definition?

Nein, aber dennoch wissen die meisten Menschen was das bedeutet. Ich habe in einem Forum eine Definition zu dem Begriff normal gefunden, aus dem sich eine gute Definition für „anders sein“ ableiten lässt, nämlich, dass „normal“ Bedeutung ohne Abweichung, ohne Störung, durchschnittlich zu sein und dementsprechend anders eine Abweichung darzustellen, eine Störung aufzuweisen, nicht durchschnittlich zu sein, wobei ich der Ansicht bin, dass es solche Begrifflichkeiten gar nicht geben sollte.

Genauer betrachtet gehören also Menschen mit Störungen (laut ICD 10) wie Autismus und AD(H)S, Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie, Zwangsstörungen, Asthma bronchiale, Gendefekten (ich mag auch diesen Begriff nicht!) und vielen weiteren Erkrankungen, die nicht heilbar sind, Menschen mit Traumata, Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten und vielen weiteren „Extras“ zu den Menschen, die anders sind.

„Anders“ zu sein ist aber oftmals schon schwer genug zu ertragen, weil man durch dieses „anders sein“ oftmals an Dingen des alltäglichen Lebens gehindert sein kann, vielleicht wenige Freunde hat, sich sowieso schon isoliert fühlt.

Besonders bitter ist es dann aber, wenn man wegen dieses „anders sein“ nicht so akzeptiert wird, wie man ist.

Bei mir ist es zum Beispiel so, dass einige meiner Einschränkungen bis heute belächelt wurden und werden, wie etwa meine Lebensmittelunverträglichkeit, ich von einigen Personen unterschätzt werde, weil ich hyperaktiv bin (und damit verbinden wird, dass ich nur „quatschen, aber nicht machen kann“), ich mich mit Schuldzuweisungen wegen des Autismus unseres Sohnes konfrontiert sah, weil ich ihm einen Gendefekt vererbt habe (und nein den „Schuh zieh ich mir nicht an“) und vieles mehr.

Wie gehe ich damit um?

Ich habe zwar noch zu drei der Menschen, die mich nicht akzeptieren können wie ich bin, Kontakt, aber nur, weil sich das nicht ganz vermeiden lässt, weil wir gemeinsame Kontakte haben, wo wir nun mal aufeinander treffen könnten und ansonsten habe ich ein paar sehr gute Freunde gefunden, mit denen ich alles teilen, viel lachen, aber auch über ernste Themen reden kann, meine Bekanntschaften sind sehr viel weniger geworden, ich habe einige Kontakte abgebrochen, andere neue begonnen, besinne mich immer wieder bewusst auf all das was ich bereits in meinem Leben erlebt, geschafft, bewältigt habe und nehme mir bewusste Auszeiten, in denen ich mich nur um mich beziehungsweise meine Familie kümmere, in denen wir dann auch einfach mal gar nicht erreichbar sind.

Ich achte auf meine Kraftreserven und meide Dinge, die mir Kraft nehmen könnten und bringe zusammen mit meinem Mann auch unserem Sohn diese Achtsamkeit bei.

Denn: Wenn wir uns nicht lieben können, wie könnten wir uns das von anderen wünschen?

© S. Stolzenberg

Mich würde übrigens interessieren in wie fern ihr „anders“ seit, wie ihr damit umgeht, was euch hilft!?

Eine große Veränderung – ein Umzug

Da ich immer wieder über neue Lebensabschnitte im Leben unseres Wildfangs schreibe, möchte hier dann auch über unseren Umzug schreiben, der für unseren Wilden der erste war…

Wir wollten umziehen, weil wir eine größere Wohnung – insbesondere mit größerem Kinderzimmer – , in einer ruhigeren Umgebung haben wollten (in der alten war es oft nicht nur am Wochenende bis nach Mitternacht laut – durch diverse Nachbarn) und in der alten Wohnung vermuteten wir Feuchtigkeit im Mauerwerk.

Ihm war schon klar, dass wir umziehen wollten, aber lange war nicht klar wann das denn nun sein würde, da wir über ein Jahr nach einer für uns passenden Wohnung gesucht hatten und natürlich (leider) auch oft Absagen erhielten.

 

Nach einigen Wohnungsbesichtigungen war uns allen schnell klar, dass diese für unseren Wilden eine Belastung darstellten, weil er nie sicher wusste, ob wir die Wohnung bekommen würde und es eine fremde Umgebung mit vielen fremden Menschen darstellte. Dadurch entschieden wir gemeinsam, dass er durch Verwandte fremdbetreut würde, wenn eine Wohnungsbesichtigung sei und wir ihn dann in Kenntnis setzten würden, wenn wir eine Zusage hätten. Er war also immer bei einer seiner Tanten oder einer der beiden Omas untergebracht, wenn Papa und Mama mal wieder eine potenzielle neue Wohnung anschauten. Damit hatte er dann unsere jetzt neue Wohnung vorab auch nicht gesehen, freute sich aber dennoch sehr, als wir ihm sagten, dass wir bald eine neue Wohnung haben würden, für die wir aber erst mal „nur“ die mündliche Zusage der Vermieterin hatten…

Es gibt eigentlich nichts, dass wirklich gegen die Wohnung gesprochen hätte – ein bisschen unschön ist nur, dass unsere Familie, eins der Familiengräber und unsere Ärzte jetzt nicht mehr zu Fuß zu erreichen sind, sondern „nur“ mit dem Bus, ebenso wie die Niers (ein Fluss, an dem wir gerne spazieren gehen) und die Spielplätze etwas weiter weg sind, aber das ist ja nicht weiter schlimm.

Die Vorzüge, die deutlich für die Wohnung sprechen sind dafür umso deutlicher. Die Wohnung liegt verkehrsberuhigt, die Nachbarschaft ist sehr viel ruhiger, Krankenhaus und Bahnhof sind schneller zu erreichen, die Wohnung liegt dennoch zentral, ist sehr viel größer und schöner, als die alte (ein Freund sagte es sei ein Unterschied wie Tag und Nacht und brachte es damit genau auf den Punkt) und unser Sonnenschein hat sein Zimmer auf einer (über eine Wendeltreppe zu erreichenden) eigenen Etage mit eigenem Bad.

 

Daher freuten wir auch besonders, als wir die Zusage für die Wohnung erhielten und als wir dann am 04.10.2017 den Mietvertrag unterschrieben war auch unser Wilder davon überzeugt, dass wir bald eine neue Wohnung haben würden. Die Vermieterin war auch sichtlich von unserem Süßen angetan und freute sich mit uns. Ab dem Tag konnte unser Schatz es dann auch kaum abwarten und fragte immer wieder wann wir den umziehen würden und wir zeigten es ihm immer wieder am Kalender, erklärten aber auch, dass vorher noch viel zu tun sei und wir auch neue Möbel anschaffen würden.

 

Anfang November fingen wir dann Möbel auszusuchen und mussten dafür natürlich auch in einige Möbelgeschäfte fahren, die unseren Süßen sehr stresste, da es zu viele Eindrücke, zu viele Menschen und viel zu laut für ihn war und so war er jedes Mal wieder aufs neue überreizt, überreizt, wollte aber dennoch immer wieder mit, um mit aussuchen zu können (und das durfte er natürlich auch), wobei er besonders von der neuen Couch begeistert war. Viel schöner war es für ihn da natürlich Möbel online auszusuchen und da schaute er ganz besonders bei den Möbel für sein Zimmer mit, damit diese auch seinem Geschmack entsprechen würden und wir wurden bei vielem fündig (unter anderem auch für Weihnachtsgeschenke), wobei ihm natürlich sein Bett besonders wichtig war, bei dem er erst traurig war, dass ein Hochbett nicht klappen würde, ein Stauraumbett war dann aber als Kompromiss ok und jetzt ist das ganz toll.

Mitte des Monats begannen wir dann schon mal langsam auszusortieren was wir nicht mehr mitnehmen wollten und hatten, damit er diese Veränderung als erstes „verdauen könnte“ zusammen entschieden in seinem Zimmer anzufangen. Entgegen unseren Befürchtungen, half unser Süßer ganz fleißig mit, konnte sich mühelos von einigen seiner Spielsachen trennen und war sehr stolz auf sich (Mama und Papa auch), dass er das so gut gemeistert hatte ♥ 🙂 . Wir erklärten ihm was mit den Sachen passieren würde und er fragte danach auch gar nicht weiter danach wo denn diese Spielsachen seien.

Ein paar Tage später fiel es unserem Sonnenschein dann sehr viel schwerer, dass weiter aussortiert wurde, weil wir im Wohnzimmer (dem Ort, an dem er sich nach dem Kinderzimmer am meisten aufhält) aussortieren und ein paar Möbelstücke, die wir nicht mitnehmen wollten, abgaben. Unser Wirbelwind war sichtlich irritiert, weil diese Möbel „plötzlich“ weg waren, traurig darüber, dass wir sie abgegeben hatten, konnte es nicht richtig verstehen und schaute immer wieder zu diesen Stellen hin. Er benötigte erst mal einen Tag um das „sacken zu lassen“, bis es für ihn ok war. Ich möchte aber anmerken, dass wir ihn immer zeitnah und direkt bevor es passierte, darüber informierten wenn etwas aussortiert (später auch weg gepackt) werden würde.

Das Aussortieren in den restlichen Räumen störte unser Bärchen nicht weiter.

Anfang Dezember fingen wir dann an einzupacken, wobei wir auch da entschieden hatten im Zimmer unseres kleinen wilden zu beginnen, da er sich dort zwar viel aufhält, das Schlafzimmer für ihn als Rückzugsort aber noch wichtiger ist und er sich sonst vor allem viel im Wohnzimmer aufhält, es also eine kleinere Veränderung darstellte und er dennoch damit auch Zeit hätte sich an diese Veränderung zu gewöhnen. Er war erst verunsichert, weil die Sachen für ihn nicht mehr greifbar, sichtbar und damit erst mal „weg“ waren, aber die Erklärung, dass wir diese in die neue Wohnung mitnehmen wollten und das nur in Kartons ginge, half schon viel. Er war zwar auch etwas traurig vieles (einige Spielsachen räumten wir noch nicht weg) nicht mehr zur Hand zu haben, aber ansonsten war es ok, wobei er fragte, ob er dennoch (zur Sicherheit) bei Papa schlafen dürfte und das durfte er bis nach dem Umzug.  Nach einem Tag war der Gedanke nicht mehr so schlimm und er konnte sich damit anfreunden, dass die Sachen nur in den Kartons waren, um sie besser mitnehmen zu können (wobei der Film „Alles steht Kopf“ dabei etwas half) und in den anderen Räumen machte es ihm kaum noch was aus, als dort eingepackt wurde, er half sogar seinen Möglichkeiten entsprechend (wenn auch mit viel diskutieren) mit.

Mitte Dezember war es dann soweit. Wir bekamen die Schlüssel für die neue Wohnung und unser kleiner Entdecker, der vorher nur das Haus von außen gesehen hatte, war sehr aufgeregt und neugierig, da er die Wohnung zum ersten Mal sah, beklagte, dass es aber noch nicht richtig schön aussah, sagte aber auch, dass ihm die Wohnung sehr gut gefallen würde, freute sich. Er sagte dann auch direkt wo er welche Möbel in seinem Zimmer stehen haben wolle (und fand es besonders cool, dass sein Zimmer eine eigene Etage bildet). Danach suchten wir zusammen Farbe aus und er durfte seine Zimmerfarbe aussuchen und war ganz stolz, dass Papa und Mama seinen Wünschen (für uns selbstverständlich) entsprachen.

Am Folgetag fingen wir dann an die neue Wohnung im Wohnzimmer zu streichen und unser Bärchen half (so wie er konnte) beim abkleben und verlegen der Folie mit, wollte dann auch helfen zu streichen. Wir zeigten ihm wie das geht und er wollte auch mit einer Rolle streichen, die ihm dann aber schnell zu schwer in der Hand wurde. Außerdem störte es ihn massiv, dass ihm immer wieder Farbe auf die Hand tropfte, womit er wegen seiner Wahrnehmungsstörung nicht zurechtkam.  Wir lobten ihn dafür, dass er es versucht hatte und ließen ihn dann stattdessen spielen 🙂 ♥.

Am Tag darauf wurde dann das Kinderzimmer unseres Wirbelwindes gestrichen und er bedankte sich dafür, dass Papa und ein Freund von Papa es schön gemacht hatten. Er musste am Tag danach leider aus der Schule abgeholt werden, fand das aber nicht weiter schlimm, weil er so miterleben konnte, wie wir einige Möbel (unter anderem in seinem Zimmer) aufbauten und die Räume damit immer schöner wurden, aber teils kritisierte er auch, wenn es ihm zu laut war.

Am 21.12.2017 war dann der Umzugstag da und unser Sonnenschein war sehr aufgeregt, angespannt und freute sich ganz doll, dass wir endlich in die neue Wohnung umzogen. Wir merkten seine Aufregung daran, dass er sehr viel mehr redete, als gewöhnlich. Er war dann aber auch sehr böse auf Mama, weil ich unsere Katze (in ihre Transportbox) „eingesperrt“ und dann in der neuen Wohnung (wegen Helfern, die Kartons in die Wohnung trugen) nicht direkt wieder „frei ließ“ – er ist eben ein Süßer ♥. Er schimpfte immer wieder mit mir und konnte sich erst beruhigen, als unsere Katze Susi wieder „frei“ war, verstand dann aber nicht, warum Susi nicht raus kommen wollte; wir erklärten es ihm.

Den Tag darauf brachten wir (noch aus der alten Wohnung) Fleisch zwecks Kühlung zu meiner Oma und unser Sonnenschein sagte umgehend an der alten Wohnung angekommen, dass er diese „doofe, alte Wohnung“ nicht mehr sehen wolle und äußerte sehr deutlich mit mir im Waagen warten zu wollen.

Einen Tag vor Weihnachten wurde unser Sonnenschein zum ersten mal an der neuen Adresse zur Schule abgeholt und es kam morgens zu einem kleinen Missverständnis, was aber schnell behoben war und mittags vertat sich der Fahrer und furh an mir vorbei, so dass unser Schatz Angst hatte, der Fahrer würde mit ihm weg fahren. Diese Angst bestätigte sich natürlich nicht und wir erklärten ihm, dass die Fahrer ja nun wüssten, wo der Treffpunkt sei (damit er das nicht mit ins neue Jahr nehmen würde).

 

Und dann war schon Weihnachten. Natürlich hatten wir vorab einen Weihnachtsbaum besorgt, damit der Weihnachtsmann unseren Schatz finden könnte (er hatte Angst, dass er sonst nicht vom Weihnachtsmann gefunden werden würde), diesen (zum ersten Mal) aber erst am 24.12.2017 aufgebaut und geschmückt. So verging die Zeit dann aber ganz schnell, bis wir bei meinen Eltern zum Essen waren, die als ihnen das Umzugsdatum von uns genannt worden war, angeboten hatten für uns mit zu kochen, weil wir da noch keine funktionierende Küche haben würden. Dafür musste unser bisheriges Ritual an Heiligabend, meine Oma irgendwann im Laufe des Tages spontan zu besuchen aber ausfallen. Wir hatten einen sehr schönen Abend bei meinen Eltern und als wir wieder zu Hause (in der neuen Wohnung) waren, durfte unser kleiner Weihnachtsmann (er trug eine Mütze) nachsehen was ihm der Weihnachtsmann zu Hause gebracht hatte und freute sich sehr über seine Geschenke, war besonders bei einem (einer Wassersäule) ganz tiefenentspannt.

Er sagte aber auch, dass es ihm leid täte, dass er nicht immer lieb sei, er könne manchmal nicht anders, als öfter sooo albern zu werden, wenn er müde sei oder ihm alles zu viel sei (Überreizung durch seine verstärkte Wahrnehmung) 😦 . Wir sagten ihm, dass wir das verstehen und ihm deswegen nicht böse sind, ihn so wie er ist über alles lieben und er sich dafür nicht zu entschuldigen braucht!!!

Am ersten Weihnachtstag starteten wir dann erst mal ruhig mit Serien in den Tag und waren dann mittags bei Verwandten zum Kuchen eingeladen, wobei der Tag dort sehr unschön verlief, weil immer wieder an unserem Sonnenschein herum kritisiert wurde, er immer wieder ermahnt wurde (teils nur, weil er eben ein aktiveres Kind ist) und kurz bevor wir gehen wollten, als er dann schon ziemlich überreizt war, wurde dann noch auf ihn eingeredet und er wurde weiter ausgeschimpft. Es wurde ihm gegenüber auch eine Äußerung (die mein Mann und ich nicht mitbekommen hatten) getätigt, die für ein Kind sehr verletzend ist. Unser Wirbelwind konnte von all den Verwandten, die an diesem Tag dort waren, nur die Gesellschaft einer Person (neben uns als Eltern) genießen und benötigte ihm Auto erst mal ein paar Minuten alleine, um wieder zur Ruhe kommen zu können 😦 😦 😦 . Daraufhin entschieden wir, als Eltern dann auch, dass diese Personen demnächst unseren Schatz nicht mehr zu Feiern (Ostern, Geburtstag, Weihnachten,..) zu sehen, sondern im Anschluss daran und das dann auch getrennt, damit das Risiko einer Überreizung minimiert wird. Er freut sich nämlich immer die Personen (nennen wir sie hier mal O und T, da ich sie aus diversen, persönlichen Gründen nicht näher bezeichnen möchte) zu sehen, möchte aber natürlich auch nicht immer wieder ausgeschimpft werden, wobei das durch O. leider am häufigsten vorkommt… Unser süßer Schatz entschuldigte sich im Auto dann bei uns auch für sein Verhalten, war sehr traurig und in sich gekehrt, aber wir erklärten ihm (erneut) wie sehr wir ihn, so wie er ist, lieben und dass er keinen Grund hat sich zu entschuldigen, wir O. und T. auch mit deutlichen Worten auf deren Verhalten ansprechen werden, wenn wir sie das nächste Mal sehen werden (noch ist das nicht passiert, es steht aber zeitnah an).

Am zweiten Weihnachtstag, den wir erst mal ruhig begannen, waren wir dann bei dem anderen Teil der Verwandtschaft eingeladen, wo unser Süßer zwar (durch den Vortag im besonderen) etwas aufgekratzt, sehr albern und müde war, wir aber trotz dessen einen sehr schönen, überwiegend ruhigen und entspannten Tag verbrachten, besonders, weil dieser Teil der Familie liebevoll und geduldig auf unseren Süßen eingeht 🙂 ♥.

Anmerkung: Alle, die das hier lesen und sich angesprochen fühlen: Wenn es Euch stört, ist es nicht mein Problem, denn ich habe niemanden weiter bezeichnet oder benannt.

Eine Tag nach Weihnachten (auch da waren wir abends fleißig in der Wohnung) war das Kinderzimmer dann endlich fertig eingeräumt (bis auf zwei Kleinigkeiten, die noch gemacht werden müssen) und unser Sonnenschein äußerte, dass er es sehr schön fände, glücklich sei, es ihm deutlich besser, als in der „doofen, alten Wohnung“ gefalle, es aber für ihn noch merkwürdig sei, dass wir umgezogen sind♥.

Einen Tag vor Silvester war dann der erste Einsatz des Pflegedienstes, der unseren Süßen alle 14 Tage betreut, damit wir Eltern auch mal Zeit als Ehepaar haben und unser Wilder musste feststellen, dass der weg zum Spielplatz und in die Stadt sehr viel weiter (letzteres subjektiv empfunden) ist, als das in der alten Wohnung der Fall war, wodurch er wieder zu Hause sehr müde war, sich aber dennoch sehr freute, sagte, dass der Spielplatz sehr schön sei und er sich schon auf das nächste mal freue.

Am 31.12.2017 war dann unser erstes Silvester in der neuen Wohnung und wir verbrachten den Tag weitestgehend mit Filme schauen, räumten aber auch weiter ein. Abends gab es dann (wie immer) Fondue, wir spielten zusammen Gesellschaftsspiele, hörten Musik und kuschelten. Als dann das Feuerwerk war, ging unser Schatz (zum ersten mal wieder) mit den PC-Kopfhörern meines Mannes (umzugsbedingt konnten wir vorher keine geräuschdämmenden Kopfhörer kaufen) auf den Balkon, wo er ca. fünf Minuten das Feuerwerk schaute, ging dann aber wieder rein, weil es ihm dennoch noch zu laut war. Er war aber auch sehr müde (verständlich bei den ganzen aufregenden Tagen zuvor) und schlief gegen 0.30 Uhr auf dem Bauch meines Mannes ein, so dass wir ihn ins Bett brachten♥.

Er hat bis heute (08.01.2018) jede Nacht bei meinem Mann geschlafen (er genießt es das zu dürfen, wenn mein Mann Wochenende, Urlaub hat) und wir sind bis auf wenige Kleinigkeiten fertig. Unser Sonnenschein, sagt uns immer wieder, dass die neue Wohnung richtig schön geworden ist und er uns dankbar ist, dass wir sie so schön gemacht haben. Wir sind deswegen jetzt für ihn Künstler (streichen) und Bauarbeiter (Aufbau der Möbel) 😀 .

Die letzten, noch zu erledigenden Dinge, werden wir bis Ende der Woche geschafft haben und ansonsten hat der Alltag uns jetzt wieder. Jetzt können wir unsere neue Wohnung dann auch genießen.

S.Stolzenberg

Nachtrag 1: Im Austausch zu Umzügen bei Autisten wurde mir in einer FB-Gruppe eine schöne Geschichte erzählt, die einem autistischen Jungen sehr geholfen hatte zu verstehen, dass ein Umzug nicht auch den Abschied all seiner geliebten Spielsachen bedeutet (wegen dieser Angst war der Junge anfangs sehr gegen einen Umzug). Sie erzählte ihrem Enkel immer wieder Umzugsgeschichten, keine Reime und eines Tages erzählte sie die Geschichte von kleinen Max, der bald umzieht und nun schon mal sein Spielzeug fragt:

Wer will denn mitkommen in die neue Wohnung? Und wer will denn lieber zu anderen Kindern?
Und alle Spielzeuge und sogar sein Schreibtischstuhl rufen laut:
Ich, ich, ich und ich auch.
Jedes Spielzeug, alles alles weil mitkommen und in die neue Wohnung einziehen.
Und da hat der Max sein ganzes Spielzeug und sogar seinen Kritzeleienkurzen Bleistift eingepackt und alle sind zusammen umgezogen.

Seitdem hat der Junge keine Angst mehr vor dem bevorstehenden Umzug, freut sich sogar drauf und fragt immer wieder wann es denn nun endlich los geht.

Nachtrag 2: Heute (08.01.2018) sollte unser Süßer das erste mal seit dem Umzug versuchen alleine in seinem neuen Zimmer (aus dem er sehr gut auf den TV im Wohnzimmer sehen kann – deswegen komt da zwitnah ein Sichtschutz hin) schlafen. Er war sehr unruhig, ging widerwillig in sein Zimmer und hielt sich wach, sicherlich aber auch, da er sich zwar sehr freut, dass wir umgezogen sind, es aber für ihn immer noch merkwürdig ist. Zudem sieht im Dunkeln eh alles anders aus und das in einer neuen Umgebung kann sicherlich sehr schwer für ein (autistisches) Kind sein. Daher haben wir nun vereinbart, dass er erst mal, weil ihm das Sicherheit gibt, in der Woche weiterhin bei Papa im Schlafzimmer schlafen darf (wenn das zu lange dauern würde in seinem Zimmer könnte er nicht mal zur Schule) und dafür solle er es dann aber am Wochenende mit ausgedehntem Einschlafritual und CD (wenn er möchte) versuchen und das behalten wir dann erst mal bei, bis er sicher genug ist auch in der Woche alleine in seinem Zimmer zu schlafen… Ich werde berichten 😉 .

Nachtrag 3: Am 15.01.2018, nachdem wir am Treppengitter in seinem Zimmer einen Sichtschutz angebracht hatten, fragte unser Wirbelwind von sich aus, ob er denn jetzt dann mal ab dem Wochenende versuchen dürfe in seinem Zimmer zu schlafen, was wir natürlich unterstützen. Am 19.01.2018 erfolgte dann der erste erneute Versuch, der aber (noch) misslangt, weil sich unser Süßer selber viel zu sehr unter Druck setzte und noch etwas nervös war, ob es klappen würde. Wir reklärten ihm dann gegen 22.45 Uhr, dass es schon sehr spät sei, es nicht schlimm sei, dass es noch nicht geklappt hätte, wir aber stolz sind, dass er es versuchen wollte, er aber wegen der Uhrzeit jetzt erst nochmal unten beim Papa weiter schlafen könne, damit er für den nächsten Tag fit sei. Er war wütend auf sich selbst, weil es nicht geklappt hatte, machte sichDruck und wollte oben bleiben, da er es unbedingt schaffen wollte. Nachdem Mama ihm dann aber erklärt hatte, dass sie sich auch erst an die neue Wohnung im dunkeln (abends) gewöhnen musste und die ersten Nächte deswegen auch lange gebraucht hatte, um einzuschalfen, war es nicht mehr so schlimm und er ging mit runter. Am 20.01.2018 versuchte er es dann mit viel Geduld und Ruhe von Papa und Mama und seiner eingeschalteten Wassersäule erneut und nach knapp einer Stunde war er ruhig und friedlich am schlafen 🙂 ♥ Er war dann auch am Folgetag sichtlich stolz auf sich, weil er es geschafft hatte in seinem Zimer ein- und duchzuschlafen – und Papa und Mama erst ♥.

Published in: on 8. Januar 2018 at 01:33  Kommentar verfassen  

Situation Pflegender und Behinderter in Deutschland

In diesem Blogbeitrag möchte ich auf die schlechte Situation von Pflegekräften und Behinderten aufmerksam machen, die sich in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert hat.

Es wird in den nächsten Jahren immer mehr Pflegebedürftige geben und dass die Anzahl an Pflegebedürftigen – gerade im Alter – stetig zugenommen hat, liegt alleine schon daran, dass die Geburtenrate immer weiter zurück geht, die deutsche Gesellschaft immer älter wird. Diese Menschen haben unser Land nach dem Krieg wieder aufgebaut und verdienen es vernünftig im Alter gepflegt zu werden. Sie sind, wenn die Angehörigen die Pflege nicht übernehmen können auf die Pflegekräfte angewiesen.

Über die Situation von Pflegekräften haben sicherlich die meisten schon einige Informationen – alleine schon wegen der aktuellen politischen Debatte dazu – dennoch bin ich der Ansicht, dass auf deren Situation nicht oft genug hingewiesen werden kann.

 

Der Pflegeschlüssel umfasst die Bruttoarbeitszeit, also auch Urlaub, Krankheits- und Fortbildungszeiten sowie die komplette direkte und indirekte Pflege. Ob der jeweilige bundeslandbezogene Pflegeschlüssel auch die Pflegedienstleitung, den Sozialen Dienst oder andere Stellen enthält, ist in den jeweiligen Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI auf Landesebene geregelt. Nicht darin enthalten sind die „Zusätzlichen Betreuungskräfte“ nach § 87 b SGB XI. Auf Grund der unterschiedlichen Pflegeschlüssel, nicht nur zwischen, sondern auch teilweise innerhalb der Bundesländer kann es immer zu Abweichungen von den hier genannten Kennzahlen kommen.(Quelle:  http://www.score-personal.de/pflegeschluessel-in-der-altenpflege/).

In Deutschland herrscht jedoch ein immenser Fachkräftemangel, denn Deutschland liegt gegenüber vielen Ländern weit zurück bei der Personalausstattung in der Krankenhauspflege. Ein Pfleger kümmert sich hier im Schnitt um 13 Patienten, nachts wird es angesichts des knappen Personals besonders prekär, dann muss eine Pflegekraft in Deutschland durchschnittlich 26 Patienten versorgen. (Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/krankenhaeuser-wie-viel-pflege-braucht-der-patient-a-1133685.html).

Das bedeutet ein erhöhtes Burn-out-Risiko der Fachkräfte, mehr Krankentage, die dann aber von Kollegen und Kolleginnen aufgefangen werden müssen und eine qualitativ und quantitativ schlechte Pflege der Pflegebedürftigen.

Den Fachkräften steht für eine gute Versorgung der Patienten zu wenig Zeit zu Verfügung, was durch eine hohen Zeitaufwand für Pflegedokumentation noch verschlimmert wird, denn ca. 80-90% der Pflegezeit wird zu Dokumentationszwecken benötigt (Erfahrungswert im Austausch mit Fachkräften – dazu habe ich leider keine Quelle finden können). Es gibt auch oft keine festgelegten Standards dazu wer zum Beispiel für das falten von Handtüchern zuständig ist (auch das übernehmen zum Beispiel oft die Pfleger) und somit ist es dann leider unvermeidlich, dass den Patienten nicht zeitnah geholfen werden kann, die vielleicht sogar in einem Notfall minutenlang auf Hilfe warten müssen oder über längere Zeit in ihren Ausscheidungen liegen müssen, weil die Pfleger zeitlich zu sehr eingespannt sind.

 

Eine unhaltbare Situation ohnegleichen, aber zu einer besseren Pflege bedarf dem Einsehen der Entscheidungsträger in der Politik, dass Pflege nicht nach Wirtschaftlichkeit organisiert und berechnet werden kann, denn hier geht es um Arbeit mit Menschen. Wie könnte man das in Zahlen fassen?

Die Situation, in der sich erwachsene Pflegebedürftige befinden, stellt sich aber leider auch oft als schlecht dar.

Es gibt Pflegebedürftige, die von ihren Angehörigen gepflegt werden, die es sicherlich insgesamt sehr gut haben werden, aber da ist es (erfahrungsgemäß) leider oft auch so, dass sich dadurch die Beziehung (oft) teils zum Negativen verändert – der Pflegebedürftige nur noch auf seine Krankheit/Behinderung reduziert wird, da die Pflegeperson keinerlei Auszeiten hat (wobei ich darauf noch eingehen werde). Gibt es eine Entlastung der Pflegeperson, ist der Pflegebedürftige jedoch auch auf eine gute Fachkraft angewiesen und speziell bezogen auf eine Kurzzeitpflege würde da wieder der Pflegenotstand in den Pflegeeinrichtungen problematisch sein.

Wird ein Pflegebedürftiger aber von einem Pflegedienst gepflegt, war es bisher so, dass der Grundsatz ambulant vor stationär galt. Dies hat sich mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz grundlegend verändert, denn dieser Vorrang entfällt, sodass das Wohnen in den eigenen vier Wänden künftig oft nur dann „erlaubt“ werden wird, wenn es günstiger ist oder ein Leben im Heim unzumutbar ist. (sieh dazu §104 II SGB IX).

Doch es gibt noch weitere Einschränkungen durch das Pflegestärkungsgesetz:

  • Individuelles Leben – Fehlanzeige
    Nach dem Entwurf können viele Hilfen zwangsweise für mehrere Betroffene gleichzeitig erfolgen – das sogenannte „Poolen von Leistungen“. Individuelle Aktivitäten, wie sich mit Freunden treffen oder Kinobesuche, sind dann unmöglich. Es droht ein zwangsweises Leben in WGs und Heimstrukturen. (z.B. §116 II und §112 IV SGB IX)

Im Bundesteilhabegesetz wird in §116 Abs. 2 erstmals festgeschrieben, dass behinderte Menschen sich persönliche Assistenzkräfte teilen müssen, auch wenn sie dies nicht wollen.  Zwar wird diese Möglichkeit im Bereich des ambulanten Wohnens gemäß § 104 Abs. 3 S. 4 in Teilbereichen begrenzt, jedoch verbleibt es auch hier dabei, dass die Assistenz zum Beispiel in der
Freizeit gegebenenfalls gepoolt wird. Dies führt zu einer massiven Einschränkung der Selbstbestimmung. So kann zum Beispiel der Restaurant- oder Kinobesuch mit den eigenen Freunden verhindert, dafür aber eine Freizeitgestaltung mit anderen behinderten Personen, die
man sich nicht aussuchen kann, erzwungen werden. Auch die Auswahl der eigenen Assistenzkräfte, die man in die Privat- und Intimsphäre eindringen lassen muss, ist im Falle des Zwangspoolens nicht mehr möglich.

  • Behinderte dürfen nicht sparen
    Um die lebensnotwendigen Hilfen zu erhalten, dürfen behinderte Menschen kaum Geld sparen. Von ihrem Einkommen wird ihnen – neben den normalen Steuern und Sozialabgaben – 24% des über dem Freibetrag liegenden Einkommens abgezogen und Vermögen, also auch Bausparverträge oder Lebensversicherungen, dürfen sie nicht in einem Wert von mehr als zunächst 25.000 € besitzen (§137 II und §140 SGB IX). Bei Hilfe zur Pflege und auch bei der Blindenhilfe verbleibt es im Grundsatz bei 2.600 €.
  • Willst du mit einem behinderten Menschen zusammenleben? Gib dein Geld her!
    Wer mit einem behinderten Menschen in einer Partnerschaft lebt, muss – sobald man zusammen wohnt – so lange alle Hilfen für den Partner zahlen, bis er selbst weniger als 25.000 € besitzt. Ein geerbtes Elternhaus – weg. Eine Lebensversicherung – weg. (§140 I SGB IX)
    Bei Hilfe zur Pflege ist auch weiterhin zusätzlich auch ein Großteil des Partnereinkommens – weg.

Anmerkung dazu:

Menschen mit Behinderungen, die erwerbstätig sind und EGH beziehen, können künftig mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Ab 2020 wird das Einkommen bis 30.000 Euro frei sein. Wer mehr verdient, leistet einen prozentualen Eigenbeitrag zu seinen Fachleistungen. Das Vermögen wird für diese Gruppe bis ca. 50.000 Euro anrechnungsfrei bleiben. Ab 2020 wird auch das Einkommen und Vermögen des (Ehe-)Partners anrechnungsfrei.

Für die 300 000 Beschäftigten in den Werkstätten wird das Arbeitsförderungsgeld auf 52 Euro verdoppelt. Für Empfänger von Grundsicherungsleistungen wird der Vermögensfreibetrag von heute 2.600 auf 5.000 Euro erhöht. – Nicht zuletzt schafft das BTHG neue Jobchancen in Betrieben und bessere Leistungen in Werkstatt, Weiterbildung und Studium. Im Zuge der Evaluierung des Bundesteilhabegesetzes werden wir prüfen, ob und in welchen Bereichen das Gesetz weiterentwickelt werden muss.

  • Behinderte sind nicht behindert genug
    Um Hilfen zu erhalten, muss man laut dem Entwurf in 5 von 9 Lebensbereichen eingeschränkt sein (§ 99 SGB IX). Wer z.B. aufgrund einer Sehbehinderung Hilfe zur Mobilität und beim Lernen benötigt, ist nicht behindert genug, um Eingliederungshilfe beanspruchen zu können.
  • Mit anderen Menschen kommunizieren? Nur wenn es wirklich wichtig ist!
    Hör- oder sprachbehinderte Menschen sollen nur dann Hilfen zur Kommunikation erhalten, wenn das aus „besonderem Anlass“ nötig ist. Sich mit Freunden, Bekannten oder der Kassiererin im Supermarkt verständigen – unwichtig. (§82 SGB IX)
  • Im Ausland studieren oder Entwicklungshilfe leisten? Nur wenn es billig ist!
    Hält sich ein behinderter Mensch vorübergehend im Ausland auf, erhält er dort nur dann Hilfen, wenn diese im Vergleich zu Deutschland bei gleicher Qualität günstiger sind. Ein Auslandssemester oder für eine Entwicklungshilfe-Organisation zu arbeiten – fast unmöglich. (§31 SGB IX)
  • Ein Behinderter will ehrenamtlich helfen? Dann soll er doch erstmal selbst um Hilfe betteln!
    Behinderte Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, erhalten hierfür keine Assistenz mehr. Sie sollen Familie, Freunde oder Nachbarn fragen. Andere Möglichkeiten sind nicht mehr vorgesehen. (§ 78 Abs. 5 SGB IX)

(Quellen hierzu: http://www.huffingtonpost.de/raul-krauthausen/die-10-groessten-maengel-_1_b_9882252.html und http://abilitywatch.de/2017/09/06/wahlpruefsteine/)

Unabhängig davon ist es aber auch so, dass es – gerade im Alter – immer mehr Pflegebedürftige gibt, die arbeitslos werden/sind und lange Zeit in der Arbeitslosigkeit verbleiben.

Und wer blind ist, hat aufgrund dieser Behinderung besondere Ausgaben, beispielsweise um eine Haushaltshilfe zu bezahlen oder um sich Hilfsmittel anzuschaffen. Blinde Menschen bekommen aber als Nachteilsausgleich kein Geld aus der Pflegeversicherung, sondern das Blindengeld. Es handelt sich dabei um eine freiwillige Leistung des Bundeslandes, in dem man wohnt, und die Höhe der Unterstützung ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich.

(Quelle:http://rollingplanet.net/immer-noch-keine-wiedervereinigung-beim-blindengeld/)

All das sind Dinge über die zumindest in der Politik gesprochen wird und über die die meisten Menschen zumindest einige Informationen haben, aber wie sieht es für pflegende Angehörige aus?

„Rund 75 Prozent aller Pflegebedürftigen werden zuhause gepflegt. Bei mehr als der Hälfte davon übernehmen Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn die komplette Pflege allein. Damit sind pflegende Angehörige die tragende Pflegesäule in Deutschland. 64 Prozent aller pflegenden Angehörigen leisten eine „Rund-um-die-Uhr-Pflege“, die im Umfang oft weit über eine Vollzeitbeschäftigung hinausgeht. Obwohl sich der wirtschaftliche Wert der Familienpflege auf rund 37 Milliarden Euro pro Jahr beläuft, leben 284.000 pflegende Angehörige in Haushalten mit ALG II-Bezug. Ihre weitgehend unbezahlte Arbeit wird nicht anerkannt, obwohl sie einer der Pfeiler unseres Pflegesystems sind. Sie tragen mehr zur Entlastung des Sozialsystems bei als alle Leistungen der sozialen und privaten Pflegeversicherungen zusammen.

Doch nach wie vor werden pflegende Angehörige allein gelassen mit dem Dschungel aus Informationen und sich ständig verändernden Gesetzen. Nötige Hilfsmittel, Unterstützungs- und Entlastungsmöglichkeiten werden von den Pflege-oder Krankenkassen häufig abgelehnt oder müssen mit viel Einsatz und Zeit erkämpft werden.

Viele pflegende Angehörige können nicht mehr berufstätig sein. Sie müssen ihre Arbeit reduzieren oder aufgeben, weil sie mit ihrer Pflegeleistung und -verantwortung nicht vereinbar ist. Damit verlieren sie ihre eigene soziale Absicherung, die in minimalistischer Weise aufgefangen wird. Bedenkt man, dass die durchschnittliche Pflegedauer bei 9,3 Jahren liegt, werden die Auswirkungen bewusst.

Nötige Auszeiten sind kaum möglich und müssen erst einmal finanziert werden. Pflegende Angehörige kümmern sich oftmals sieben Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr, teilweise auch mit mehrmals unterbrochenen Nächten – ohne Anspruch auf Urlaub oder freie Wochenenden. Selbst wenn sie krank sind, geht die Pflege trotzdem weiter.

Neben der finanziellen Verarmung sind viele Pflegende sozial verarmt. Sie kommen nur noch selten raus und vielfach reduziert sich ihr Familien-, Freundes-und Bekanntenkreis. Pflegen macht einsam.“

Susanne Hallermann, von der Initiative gegen Armut durch Pflege. (Quelle:https://www.finanzen.de/news/17944/pflegende-am-limit-pflegen-macht-arm-und-einsam)

Hierzu möchte ich noch einiges ergänzen.

Ich beschreibe im Folgenden einige Schwierigkeiten mit denen pflegende Angehörige zu tun haben.

Erst mal werden pflegende Angehörige nicht nur mit den möglichen Informationen alleine gelassen und werden oft nicht mal von den Krankenkassen über mögliche Hilfen (Entlastungsbeitrag, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Haushaltshilfe bei Erkrankung der Pflegeperson,..), von den Finanzämter über steuerliche Vorteile (Behinderten- und Pflegepauschale) und den Sozialämter über mögliche Hilfen (Eingliederungshilfe) informiert, es werden oft auch nötige Hilfen abgelehnt oder erst nach Widerspruch oder Klage bewilligt. Zeit, die pflegende Angehörige oft nicht aufbringen können oder für die Kraft fehlt, die man anderweitig innerhalb der Pflege investiert hat.

Ist man dann aber doch darüber informiert und möchte gerne Hilfen in Anspruch nehmen, etwa eine Kindsbetreuung mittels eines Pflegedienstes (als Beispiel), kann es passieren, dass dafür gar kein Personal zur Verfügung steht, denn gerade im Bereich familienentlastender Dienste für pflegende Angehörige von behinderten/kranken Kindern ist es so, dass es nur wenige Pflegedienste gibt, die das (ergänzend zu Caritas und Lebenshilfe) anbieten und dann sind die personellen Möglichkeiten eventuell schnell ausgeschöpft.

Es gibt auch immer weniger heilpädagogischen Kindertagesstätten und die integrativen Kindertagesstätten sind teils aber noch mit der Aufgabe Inklusion überfordert und können (oder teils wollen) keine schwerstbehinderten Kinder aufnehmen. Ein Problem, dass sich leider (erfahrungsgemäß) vor allem in Großstätten abzeichnet. Integrationshelfer werden auch eher selten bewilligt und dann kann es sein, dass auch da das Problem von zu wenigem Personal herrscht.

Sind die Kinder dann in dem Alter eingeschult zu werden, stehen die Eltern vor der Entscheidung, ob inklusiv auf einer Regelschule oder exklusiv auf einer Förderschule unterrichtet werden soll, sofern das noch möglich ist. Denn immer mehr Förderschulen werden wegen des Gedanken der Inklusion (Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention verlangt, dass Deutschland ein inklusives Bildungssystem gewährleistet. (Quelle:http://abilitywatch.de/2017/09/06/wahlpruefsteine/)) geschlossen.

(Siehe dazu:https://www.ecosia.org/search?p=0&q=geschlossene+f%C3%B6rderschulen).

Entscheiden sich die Eltern dann für eine inklusive Beschulung gibt es Hilfen, die für das Kind beantragt werden können, aber auch über diese wissen leider viele Eltern nicht Bescheid. Es kann etwa ein Schulbegleiter beantragt werden, wobei es (so scheint es erfahrungsgemäß) leider immer öfter zu Ablehnungen kommt oder der Austausch zwischen Eltern und Schulbegleiter von den Schulen, den Trägern und/oder den Schulbehörden nicht mehr gewünscht ist (Erfahrungswert). Dies trägt jedoch nicht zu einer guten Unterstützung und Förderung des Kindes bei.

Dann können noch Nachteilsausgleiche für das Kind beantragt werden; sie dienen dazu, Einschränkungen durch Beeinträchtigungen oder Behinderungen auszugleichen oder zu verringern. Es gibt jedoch keine einheitlichen schulrechtlichen Regelungen in den verschiedenen Bundesländern zum Ausgleich „behinderungsbedingter“ Nachteile. (Quelle:https://www.autismus-verstehen.de/kinder_und_jugendliche/schule/nachteilsausgleich.html).

Außerdem ist es so, dass viele Nachteilsausgleiche nicht bewilligt werden.

Zu dieser Problematik ist es dann auch so, dass Inklusion oft nicht in vollem Maße umgesetzte werden kann, weil es an Personal (Sozialpädagogen) mangelt, Schulungen zur Thematik nicht angeboten und/oder genutzt werden und den Schulen oftmals die Mittel fehlen Rahmenbedingungen wie Rückzugsräume oder barrierefreie Räumlichkeiten zu schaffen (hierzu habe ich leider auch keine Quelle finden können).

Wollen Eltern ihrem behinderten Kind als Absicherung etwas vererben, damit es z.B. nicht auf staatliche Grundsicherungsleistungen angewiesen ist, ist es auch so, dass das Kind  – wenn es Hilfe zur Pflege bekommt – weiterhin den kompletten Betrag, bis auf 2.600 €, abgeben muss. (Quelle:http://www.huffingtonpost.de/raul-krauthausen/die-10-groessten-maengel-_1_b_9882252.html).

Pflegende Angehörige haben aber nicht nur mit den Kosten der Pflege, der Problematik Informationen zu erhalten (meist durch vereinzelt gutes Personal, dass Auskünfte erteilt oder durch den Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen) und diversen Anträgen (Inklusion) zu kämpfen, sie haben oft auch wenig Zeit, weil viele zusätzliche Termine (bei schwerkranken Pflegebedürftigen etwa Termine bei Fachärzten) ausgemacht werden müssen, bei Autismus kommt auch noch hinzu, dass zur Weiterbewilligung der Autismustherapie jährlich nachgewiesen werden muss, dass diese Behinderung weiterhin besteht. Durch die Zeitintensität (aber auch durch andere Faktoren)  der Pflege haben pflegende Angehörige oft auch kaum Zeit soziale Kontakte zu pflegen, verarmen dadurch auch sozial – wie oft auch finanziell und erhalten dafür das Pflegegeld. Oftmals ist es zudem auch so, dass die pflegenden Angehörigen nicht nur kaum Unterstützung durch andere Angehörige erhalten, es da oft (erfahrungsgemäß) leider auch zu Kontaktabbrüchen, Vorwürfen und Nichtverstehen kommt.

Diese Leistung von pflegenden Angehörigen wird gesellschaftlich aber nicht anerkannt. Sie werden sogar oft als Sozialschmarotzer dargestellt, die nicht arbeiten wollen (Erfahrungswert) oder ihnen wird sogar zum Vorwurf gemacht sich diese Situation selbst ausgesucht zu haben (gerade bei Behinderungen, die schon pränatal erkannt werden können, wird oft darauf hingewiesen, dass eine Abtreibung möglich gewesen wäre – Erfahrungswert).

Anmerkung zur Grafik: Diese Daten beziehen sich noch auf Pflegestufen, nicht auf die aktuellen Pflegegrade

 

Warum wird das nicht auch mal politisch thematisiert und das idealerweise nicht, wenn Wahlen anstehen?

© S. Stolzenberg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Published in: on 20. September 2017 at 22:52  Kommentar verfassen  
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