Ich schreibe diesen Blog, weil ich mich in diesem Jahr mal wieder mehrfach meiner Vergangenheit als Missbrauchsopfer gestellt haben/stellen musste und möchte ein wenig darüber berichten mit welchen Formen von Missbrauch ich mich in der Vergangenheit ausgesetzt sah, in wie weit ich mich diesen stellen konnte und wie es mir dabei ging, wie es mir heute damit geht. Ich werde hierbei nicht ganz chronologisch vorgehen, weil es aktuell wieder zu einer Gegenüberstellung mit der Vergangenheit kam, wenn auch diesmal indirekt, weil ich nicht direkt betroffen war, aber Menschen, die ich liebe….
Ich werde hier nicht konkret beschreiben in wie fern ich missbraucht wurde, sondern über die jeweilige Form des Missbrauchs schreiben. Wer dazu Definitionen benötigen sollte, kann diese gerne in einem meiner älteren Beiträge, nämlich „Bleiben Missbrauchsopfer ein Leben lang Opfer…“ nachlesen.
Ich beginne hier mal mit dem physischen Missbrauch, den ich in meiner Kleinkindzeit erfahren musste, den ich aber durch Gespräche mit der Person, die das getan hat, bewältigen konnte… Und dennoch weiß ich dadurch nur zu gut was es bedeutet Angst vor einem Menschen zu haben, den man liebt, der einem das nie antun sollte, wobei ich erwähnen sollte, dass sich die Person, die mich physisch missbraucht hat, Hilfe geholt hat, weil sie wusste, dass es falsch war, dass man dann einen Ausweg suchen muss. Dieser Form des Missbrauchs war ich dann nochmals als Jugendliche ausgesetzt und zwar durch einen ehemaligen festen Freund, den ich aber verließ und das zur Anzeige brachte (die aber „im Sand verlief“). Später erfuhr ich dann von drei Familienmitglieder, dass sie dies auch erleben mussten, ebenfalls von wichtigen Menschen in ihren Leben und wir redeten sehr viel darüber, aber ich konfrontierte einige der Täter auch mit deren Taten, mit den Gefühlen, die sie ausgelöst hatten, den Ängsten und dem Bewusstsein, dass diese Gefühle nie wieder vergessen werden können. Diese Täter haben danach (meines wissen nach) nie wieder zu diesem „Erziehungsmittel“ gegriffen. Einen Täter durfte ich wegen des Versprechens gegenüber der Person, die missbraucht wurde, nicht mit der Tat konfrontieren, der Missbrauch wirkt aber bis heute nach. Vielleicht verstehe ich mich mit diesen Personen deswegen fast ohne Worte, es verbinden uns zumindest zusätzlich auch diese Erfahrungen gemacht z haben…. Ich wollte aber wegen der eigenen Erfahrungen und der aus meinem direkten Umfeld dafür sorgen, dass unser Sohn dieser Form der Missbrauchs nie ausgesetzt sein würde, aber das konnte ich nur bedingt verhindert, denn ihm wurde diese Art des Missbrauchs mehrfach von einer ihm wichtigen Person angedroht, weil er in den Augen dieser Person frech, „böse“ sei, wenn er albern wurde beispielsweise. Tatsächlich erfahren musste er es durch diese Person aber nie!
Ich sah mich auch sehr lange sexuellem Missbrauch ausgesetzt und zwar durch drei verschieden Täter. Ich werde hier darüber schreiben wie ich mich an einen Ort (von mehreren) begab, an dem ich durch ein Familienmitglied, nämlich meinen Großvater, missbraucht wurde, wie es mir dabei erging, was mir half. Ich konnte mich nicht an die anderen Orte, an denen der Missbrauch ebenfalls geschah begeben, unter anderem, weil das damalige Wohnhaus wieder bewohnt ist, um ein Beispiel zu nennen.
Dieser Abschnitt des Beitrags könnte unter Umständen triggern!!!
Es war im Sommer diesen Jahres, als ich – wie schon öfter – mal an einem kleinen Fluss in der Nähe alleine spazieren ging, aber diesmal nicht wie sonst auf der Seite, an der die Wiesen sind und wo man auf Wohnhäuser blickt, wo ich sonst oft mit meinem Mann und unserem Junior spazieren gehe, sondern diesmal auf der anderen Seite, wo auch eine Schrebergartensiedlung ist, in der mein Opa ebenfalls lange Zeit einen Schrebergarten besaß du wo wir uns viel als Kinder aufhielten. Meistens waren wir mit mehreren Personen dort, aber hin und wieder war ich eben auch mit meinem Opa alleine dort und diese Situationen nutze er dann auch oft aus, um mich dort zu missbrauchen. Ich war erst unsicher, ob ich hinein gehen sollte oder es besser lassen sollte, entschied mich aber es zu versuchen, mich meiner Vergangenheit zu stellen, denn immerhin konnte ich schon darüber reden was er mir angetan hatte, wie es mir ging, dass ich lange geschwiegen hatte und wieso und welche Worte, Gerüche mich triggern. Ich wollte nun also auch diesen Schritt wagen und begab mich in die Schrebergartenanlage hinein, in Richtung seines ehemaligen Schrebergartens, der natürlich wieder genutzt wird, aber dass dieser nun völlig anders gestaltet ist, half sicherlich auch. Und dennoch zitterte ich am ganzen Körper, mir wurde schlecht, mein Magen zog sich zusammen, ich fühlte mich als liefe mir ein Schauer über den Rücken und meine Hände schwitzen, obwohl mir kalt war. Ich blieb einige Minuten fast regungslos an dem Tor zu diesem Schrebergarten mit der Nummer vier stehen und betrachtete das angepflanzte Gemüse, die Bäume, die dort standen und stellte fest wie schön und friedlich dieser Ort war und dass ich diesen Ort nun betreten könnte; etwas was lange Zeit undenkbar gewesen ist. Ich verließ die Anlage wieder, fühlte mich zwar ein wenig schwach, aber war auch stolz auf mich das geschafft zu haben und atmete erst mal durch. Ich telefonierte danach aber direkt mit meinem Mann, der mir so unglaublich viel Kraft gibt und mein Rückhalt ist und war dankbar für diesen liebevollen Partner. Ich erzählte ihm auch später davon und er war stolz, aber auch besorgt, fragte wieso ich mich nicht an ihn gewendet hätte, er hätte mich doch begleitet, um mich zu „stützen“ Ich erzählte ihm auch später davon und er war stolz, aber auch besorgt, fragte wieso ich mich nicht an ihn gewendet hätte, er hätte mich doch begleitet, um mich zu „stützen“ ♥.
Mittlerweile, nachdem ich mich diesem Ort noch öfter gestellt habe, ist es „nur“ noch ein Schrebergarten, an dem ich vorbei gehen könnte, aber es geht mir dabei dann bei weitem nicht mehr so schlecht (körperlich), wenn ich es tue, aber es zeigt mir auch, dass ich trotz allem nie ganz davon „los kommen“ werde…
Der dritten Form des Missbrauchs, dem psychischen, war ich auch lange ausgesetzt und habe noch heute aktuell damit zu tun…
Ich wurde innerhalb der Familie als Kind von ein paar Verwandten ausgegrenzt, weil ich das Kind meiner Mutter bin, die ebenfalls ausgegrenzt wurde, nicht zu diesem Teil der Familie gehörte und bis heute hat sich bei diesen Menschen nichts daran geändert. Wir haben allerdings schon seit einigen Jahren keinen Kontakt mehr zu diesem Teil der Familie. Als ich dann in die höhere Schule kam, wurde ich erneut ausgegrenzt, gemobbt, beleidigt,.. und wurde zum Einzelgänger, habe mich nur wenigen Menschen anvertraut, suchte mir Hilfe. Ich habe auch zu diesem Menschen keinerlei Kontakt mehr. Ich weiß daher aber umso genauer was es bedeutet, wenn man nur wenige Menschen hat, auf die man zählen kann, die ehrlich mit einem sind, einen unterstützen, einen zwar mal kritisieren, aber dennoch auch ein Fels sein, der immer da ist, der Rückhalt gibt, der nicht verurteilt… Und genau deswegen wollte ich so weit mir möglich nie, dass jemand innerhalb meiner Familie das durchleben müsste, was aber dennoch geschah. Als einer der ersten Menschen, von denen ich wusste, dass da ein psychischer Missbrauch stattfand, ist hier jemand zu (nicht näher konkretisiert) zu nenne, der mich während meiner Kindheit eng begleitet hat. Der Missbrauch dieser Person (und einer weiteren, deren Beziehung zu mir ich auch nicht weiter ausführen werde, ( haben mich übrigens dazu bewogen meinen Beitrag zu Mobbing in der Familie zu schreiben… Weiterhin betraf diese Form des Missbrauchs unter anderem Familienmitglieder, die nicht zu meiner engsten Familie gehören, die psychischen Missbrauch erleben mussten und deren Täter sich bis heute damit im Recht sehen, die nicht einsehen was sie diesen Menschen damit angetan haben. Die Opfer des Missbrauchs leiden noch heute unter den Folgen des Missbrauchs, aber haben sich auch Hilfe geholt – wir haben guten Kontakt. Diese Familienmitglieder haben bis auf eine Ausnahme, die ich nicht weiter begründen möchte, keinen Kontakt mehr zu den Tätern, aber auch da findet immer mehr eine Abgrenzung statt, wenn auch langsam und schleichend. Dann betraf es aber meine engste Familie. Seit ich mit ihm in einer Beziehung bin, betrifft es von diversen Personen auch meinen Mann – von angeblichen Freunden, von Arbeitskollegen,… und ich erkannte schnell warum er manchmal so verschlossen war, warum er nur zu wenigen Menschen Vertrauen fasste und versuchte ihn immer wieder so gut es mir möglich war aufzufangen, ihm Halt zu bieten, da zu sein, zuzuhören und nach und nach konnte er zu den Menschen, die ihm das antaten, die ihm Kraft raubten, die Zeit mit ihm nicht verdienten hatten, den Kontakt abbrechen, wieder zur Ruhe kommen und es ging ihm zunehmend besser. Aus unseren gemeinsamen Erfahrungen heraus, überlegten wir dann schon früh sehr intensiv wie wir reagieren würden, wenn unser Sonnenschein psychischem Missbrauch ausgesetzt sein würde, denn verhindern kann man das leider nicht und wir wussten genau, dass wir uns dem entgegen stellen würden! Als er seine Diagnose (Autismus) bekam, begann es dann langsam, dass er immer mehr ausgegrenzt wurde, man weniger mit ihm unternehmen wollte, weil man sich nicht auf ihn einlassen könnte, doch wir suchten immer wieder das Gespräch mit den Personen, die dies äußerten, nämlich gemeinsamen Freunden, Bekannten, Verwandten, gaben Informationen an die Hand, erklärten viel und einige der Personen versuchten es sich auf ihn einzulassen, anderen wiederrum nicht. Wir gaben immer wieder Hilfestellungen für die Menschen, die bereit waren sich auf unseren Wildfang einzulassen und erklärten vor Unternehmungen, Feiern,.. auf was zu achten sei, dass er etwa einen Rückzugsort benötigt und es wurde angenommen, man bemühte sich, andere Menschen, die mit unserem Süßen zu tun hatten, stellten aber sogar die Diagnose in Frage (weil sie irgendwo etwas gehört, gelesen hatten), stellten ihn als schlecht erzogenes, freches Kind dar. Es wurden Versprechungen gemacht, aber nicht eingehalten, der Kontakt wurde immer weiter reduziert und dann von uns aus Schutz für unseren Süßen dann auch völlig abgebrochen, damit er nicht darunter leiden müsste. So hatten wir dann nach wenigen Lebensjahren unseren Sonnenscheins schnell einen sehr überschaubaren Freundeskreis, der aber bis heute besteht und auch die Bezugspersonen für unseren Frechdachs wurden weniger, aber es ging uns damit gut. Zuletzt fing dieses Verhalten unserem Schatz gegenüber aber wieder an und das diesmal von einer Person, von der weder er, noch wir das erwartet hätten, da sie selbst weiß, wie es ist nur wenige Menschen zu haben, die zu einem halten, egal wie es einem geht. Sie hat dann nach einem sehr kurzen, aber zum ersten Mal ehrlichen Gespräch den Kontakt zu uns und unserem Sonnenschein abgebrochen und ihn damit zwar erneut verletzt, aber nun zum letzten Mal.
Meinen psychischen Missbrauch konnte ich gut verarbeiten, durch ganz viele Gespräche mit lieben Menschen, mit Abgrenzung, mit Kontaktabbruch, den meines Mannes bedingt, weil es mir natürlich weh tut, wenn er leidet und das kommt immer noch hin und wieder vor, aber es geht ihm zunehmend besser damit, da auch er die Kontakte abgebrochen hat, aber aktuell ist es nun unser Süßer, der verarbeiten muss, der Kraft, Unterstützung und ganz viel Trost benötigt und sich immer wieder bei seinen wichtigen Menschen rückversichert, dass diese da sind und da bleiben werden. Und deswegen musste mich indirekt wieder dieser Form des Missbrauchs stellen, jetzt aber, als einer der Menschen, die da sind, die unterstützen.. und doch tut es natürlich weh, weil unser Sohn leidet und da leiden die Eltern dann mit…
© S. Stolzenberg